Faire Honorare
17. September 2013

Wir müssen reden! SWMH, Sonntag Aktuell und Abendzeitung: Aktion gegen Buy-Out

„Wir müssen reden!“ war mal eine Comedy-Sendung im Nachtprogramm von Sat.1, ein Improvisationstheater ohne Drehbuch. Alles andere als witzig ist dagegen, wie die Südwestdeutsche Medien Holding GmbH (SWMH) mit freien Journalisten umgeht.;Frischer! Das ist die neue Sonntag Aktuell“, ruft es einem von der Website entgegen, mit dem Versprechen: „Das Beste bleibt: (…) der umfangreiche Reiseteil“. Wir sollen Deutschlands zweitgrößtem Zeitungsverlag offenbar dabei helfen, mehr Geld zu verdienen. Machen wir gerne! Gegen entsprechendes Honorar. Aber wieder einmal sollen wir Autorinnen und Autoren nichts abbekommen vom Kuchen. Und mit uns geredet hat darüber auch niemand. Kurz zur SWMH: Die diskreten Schwaben sind nicht nur größter Anteilseigner der „Süddeutschen Zeitung“, sondern mit ihren Regionalzeitungen schon lange nicht mehr nur in Baden-Württemberg eine Macht (alle Beteiligungen HIER, es ist eine sehr, sehr, sehr lange Liste). Da kann man als Manager schon mal auf den Gedanken kommen, dass man derart viele Redaktionen nun auch nicht braucht. So wurde vor zwei Jahren mal schnell die Redaktion von „Sonntag Aktuell“ geschlossen, und seither liefert der so genannte Themenpool der „Stuttgarter Nachrichten“ das Material für die siebte Ausgabe vieler Regionalzeitungen. Sonntag Aktuell hatte vor der Umstellung in der Branche einen guten Ruf, und ist immer noch ein gesuchter Abnehmer für freie Reisejournalisten. Denn die Reiseseiten von „Sonntag Aktuell“ erscheinen rund um Stuttgart, auf der Schwäbischen Alb, im Schwarzwald, im Rhein-Neckar-Raum und in der Pfalz. Laut Mediadaten kommt so eine verkaufte Auflage von über 850.000 Exemplaren zusammen. Als Honorar gab es dafür zum Schluss bescheidene 79 Cent pro Zeile und 65 Euro pro Bild. Vielleicht hätten wir mal drüber reden sollen. Statt dessen hatte der Verlag im vergangenen Jahr die Idee, die Reisetexte auch noch auf einem neuen Portal online zu stellen – natürlich, ohne die Autoren zu fragen, oder dafür etwas zu bezahlen. Eine Freischreiber-Aktion bewirkte, dass die Artikel wieder gelöscht wurden. Doch auf gute Inhalte will man auf www.fernweh-aktuell.com natürlich nicht verzichten, denn nur mit Pressemitteilungen lassen sich keine Anzeigenkunden für die Reiseseiten gewinnen, deren Reportagen laut Eigenwerbung „sorgfältig und kompetent (…) recherchiert und verfasst“ sind. Und so müssen freie Journalisten, die für den Reiseteil von „Sonntag Aktuell“ schreiben wollen, seit dem 1. Januar zustimmen, dass ihre Texte und Bilder auch auf dem Portal erscheinen können. Ohne zusätzliches Honorar. Aber es kommt noch dicker: Aus eins mach zwei mach drei: Die SWMH hat sich nun auch noch die Münchner Abendzeitung als Abnehmer geangelt, obwohl die gar nicht zum Unternehmen gehört. Für ein angeblich „unschlagbar günstiges Angebot“ kommt der Reiseteil für die „AZ“ (Verbreitung am Samstag 150.000 laut IVW 3/2011) nun auch aus Stuttgart. Damit durchbricht man die Auflagen-Schallgrenze von einer Million. Und die Autoren? Na? Zusätzliches Honorar soll es natürlich nicht geben. Reden hilft in solch einem Fall, das haben die Freischreiber-Initiativen gegen den Buy-Out bei den G+J-Wirtschaftsmedien und beim Jahreszeiten-Verlag bewiesen. Damit sich Autoren und Freischreiber beraten können, wir wir weiter vorgehen, haben wir eine Mailingliste eingerichtet. Autoren, die für Sonntag Aktuell arbeiten oder für den Reisteil der Abendzeitung gearbeitet haben, können sich mit einer kurzen Mail an mail -at- helgebendl -punkt- com auf diese Mailingliste eintragen lassen. Ach ja: Im Editorial der Abendzeitung schreibt Inhaberin Anneliese Friedmann: „Den höchsten Wert in unseren Überlegungen für die Zukunft messen wir dem Entschluss bei, das redaktionelle Niveau der Abendzeitung in keiner Weise nach unten anzugleichen, sondern es im Gegenteil nach Kräften zu heben. Wir – ich spreche hier auch für meinen Sohn Johannes, der jetzt als Verleger und Herausgeber die Verantwortung trägt, – glauben an die Qualität dieser Zeitung, und wir werden ihre Ziele entsprechend setzen.“ Liebe Anneliese Friedmann, lieber Johannes Friedmann: Wir stimmen zu! Aus vollem Herzen! Aber wir sollten miteinander über das „Wie“ reden.


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