4. September 2013

Auch wir können Lobby: Freischreiber und Freelens treffen sich mit dem BKM

Es ist inzwischen über zwei Jahre her, dass die Diskussion um das Leistungsschutzrecht für Presseverlage begann. Damals veröffentlichte der Berliner Rechtsanwalt Jan Hegemann ein Stück mit dem Titel „Schutzlos ausgeliefert im Internet“. Zwischen dem 9. April 2009 und heute lagen: eine Bundestagswahl, in deren Folge das Leistungsschutzrecht im Koalitionsvertrag festgeschrieben wurde. Unzählige Podiumsdiskussionen und Artikel, auf und in denen um Sinn und Unsinn eines solchen Rechts gestritten wurde. Und schließlich ein Interview mit der amtierenden Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, aus dem herauszuhören war, dass der Entwurf für das Leistungsschutzrecht wohl bald kommen wird. Auch wir von Freischreiber saßen in den vergangenen zwei Jahren auf einigen dieser Podien und haben unsere Bedenken an die zuständigen Ministerien adressiert – zunächst in Gesprächen mit dem für den Entwurf eines Leistungsschutzrechtes federführenden Justizminsterium und dann bei der großen Anhörung der Urheber zum „Leistungsschutzrecht für Verleger“ im Rahmen des sogenannten „3. Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“. Im März schrieben wir schließlich einen Brief an den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Bernd Neumann, in dem wir unsere Erkenntnisse aus den vergangenen zwei Jahren auf einer Seite zusammenfassten. Daraufhin erhielten wir die Einladung zu einem Gespräch mit Dr. Stephanie Schulz-Hombach, Leiterin des Referats K11, „Grundsatzfragen der Kulturpolitik, Kulturelle Bildung, Recht und Kultur“, und dem Referenten Dr. Christian Groni. Dieses Treffen hat jetzt stattgefunden. Wir waren zu dritt: Bertram Solcher, Vorsitzender von Freelens, Julia Schoon, Vorstandsmitglied bei Freischreiber, und Kai Schächtele, Vorsitzender von Freischreiber. Es war ein sehr gutes Gespräch, in dem wir ausführlich geschildert haben, was vom Versprechen der Verlage, die infrastrukturellen und finanziellen Grundlagen für Qualitätsjournalismus zu liefern, bei den Fotografen und Journalisten tatsächlich ankommt. Wir wiesen darauf hin, dass wir uns nicht als Gegner der Verlage verstehen, aber nicht mehr recht überzeugt sind von der einst in Stein gemeißelten Regel, dass es den Journalisten gut gehe, solange es den Verlagen gut geht. Wir hatten den Eindruck, dass unsere Argumente auf fruchtbaren Boden fielen, und haben vereinbart, weiter in Kontakt zu bleiben. Für dieses Treffen haben wir eine Stellungnahme vorbereitet, die wir hier im Wortlaut dokumentieren: „Der Kampf um die Rechte an den Texten und damit um eine angemessene Honorierung der Autoren geht in die nächste Runde: Die großen Verlage sind gerade dabei, mit der Mehrfachverwertung ein weiteres Geschäftsfeld zu etablieren, indem sie Bezahlschranken einrichten oder die Texte in verlagseigenen Datenbanken und online-Archiven gegen Gebühr anbieten. Wieder wollen sich die Verlage weitere Rechte sichern, und wieder soll dies auf Kosten der Autoren geschehen. Die Verlage, welche einmal als Partner ihrer Autoren galten, fordern von der Politik ein Leistungsschutzrecht, während sie selber die Leistung ihrer Autoren vom Gewinn, den die Verlage mit dieser Leistung machen, abkoppeln. Das Problem ist nicht nur, dass viele Medien die Arbeit ihrer freien Journalisten unangemessen bezahlen, sondern dass selbst renommierte Verlagshäuser dazu übergehen, sie gar nicht mehr zu bezahlen. Die Umsonst-Mentalität, welche die Verleger in Bezug auf das Internet beklagen, herrscht zunehmend in ihren eigenen Häusern. Die Situation freier Autoren aber wird sich erst verbessern, wenn diese durch Buyout-Verträge entstandene Wettbewerbsverzerrung, die aus der Entkoppelung von Leistung und Gewinn entsteht, beseitigt wird. Ein Verlag, der zum Beispiel einen bereits gedruckten Text noch einmal online anbietet und dafür Honorare kassiert, sollte einen angemessenen Prozentsatz der aus der Mehrfachverwertung stammenden Einnahmen an den Autor geben. Geld gegen Leistung: In einer Marktwirtschaft sollte dieses Prinzip eigentlich selbstverständlich sein. Deshalb wendet sich Freischreiber e.V., der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, seit seiner Gründung gegen die Praxis der Buyout-Verträge: Mit ihnen sichern sich die Verlage umfassende Nutzungsrechte an Texten, ohne den Autor für die Mehrfachverwertung angemessen oder auch überhaupt zu bezahlen. Buyout-Verträge sichern sich Rechte für alle Gelegenheiten und alle Zeiten, etwa für online-Nutzung, Nachdrucke in Büchern oder Übersetzungen, aber auch für bisher noch unbekannte Nutzungsarten. Häufig beinhalten die Buyout-Verträge sogar das Recht zur Weitergabe des Textes an Dritte. In der Regel muss der Autor über die weitere Nutzung seines Textes nicht einmal benachrichtigt, geschweige denn seine Einwilligung eingeholt werden. Freischreiber e.V. hält die Praxis der Buyout-Verträge für unsittlich, weil sie die Rechte des Urhebers an seinem Text durch den Vertragsabschluss faktisch aufheben und die Unterschrift unter einen Buyout-Vertrag zur Bedingung für eine Zusammenarbeit machen. Das Wesen von Verträgen ist, dass beide Seiten sie aushandeln. Buyout-Verträge aber diktieren den freien Journalisten einseitig die Bedingungen für einen Vertragsabschluss – natürlich zu ihren Ungunsten. Deshalb fordert Freischreiber e.V.: – eine Beteiligung der Autoren am Gewinn aus der Mehrfachverwertung und hierfür eine nachvollziehbare Offenlegung der Erlöse – Standardverträge, in welchen der Autor lediglich Rechte für die einmalige Nutzung und klar definierte, zeitlich begrenzte Zusatznutzung einräumt (etwa für die Online-Ausgabe und die Aufnahme in ein kostenfreies, allgemein zugängliches Archiv des Verlages oder eine App) – die Pflicht des Verlages, für weitere Verwertungen das Einverständnis des Autors einzuholen und diese zu honorieren – eine Informationspflicht des Verlages gegenüber dem Autor über alle tatsächlichen Nutzungen seines Textes Berlin, den 23.5.2011 – Freischreiber e.V.


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