4. September 2013

Warum die Freischreiber nicht über das Leistungsschutzrecht verhandeln

Wenn um das Leistungsschutzrecht gestritten wird, wird mit harten Bandagen gekämpft. So richtig genau nehmen es dabei nicht immer alle Beteiligten. So behauptete Christoph Keese, Cheflobbyist des Axel-Springer-Verlags, vergangene Woche im Rahmen eines Symposiums, die Freischreiber hätten „kein Interesse“ gehabt, über das Leistungsschutzrecht zu verhandeln. Dies könne er mit einem Brief des Freischreiber-Vorstands belegen. Verständlich, dass Keese auf dem Podium nicht die ganze Geschichte erzählen wollte. Wenn er die Öffentlichkeit korrekt hätte informieren wollen, hätte der Satz nämlich lauten müssen, dass die Freischreiber kein Interesse haben, unter den von den Verlagen gesetzten Bedingungen über ein Leistungsschutzrecht zu verhandeln. Deshalb erzählen wir nun kurz die ganze Geschichte: Christoph Keese hat in der zweiten Jahreshälfte 2009 für die Verlegerseite den Kontakt zum Verband Freischreiber gesucht – seiner Auskunft nach noch bevor er DJV und dju/verdi angesprochen hatte. Er wollte bei den Freischreibern dafür werben, gemeinsam für das Leistungsschutzrecht zu streiten. Die Freischreiber lernten dabei nicht nur das schicke Kaminzimmer in der obersten Etage das Axel-Springer-Hochhauses kennen. Sie erklärten sich auch grundsätzlich dazu bereit, über ein Leistungsschutzrecht zu verhandeln, stellten dafür aber zwei Bedingungen: Zum einen wollten sie nicht allein verhandeln, DJV und dju/verdi müssten in die Verhandlungen einbezogen werden. Zum anderen wollten sie über ein Leistungsschutzrecht erst dann verhandeln, „wenn eine für freie Journalisten zufriedenstellende verbindliche Vereinbarung über die Vergütungsregeln getroffen ist“. So steht es auch im Brief der Freischreiber an Keese vom 7. Dezember. Als die Vereinbarung über die gemeinsamen Vergütungsregeln für freie Tageszeitungsjournalisten im Februar dann kam, wies Christoph Keese ausdrücklich darauf hin, dass Verhandlungspartner der Verlage nun nur noch DJV und dju seien. Ob das auch damit zu tun hatte, dass Freischreiber die neuen Vergütungsregeln eben gerade nicht „für freie Journalisten zufriedenstellend“ fand? Die Verlegerseite und/oder Keese hatten anscheinend gehofft, bei den Freischreibern leichtes Spiel zu haben und problemlos einen Urheberverband als Unterstützer für das Leistungsschutzrecht zu gewinnen. Das wäre ihm nicht ungelegen gekommen, denn dass Urheber das Gesetzesvorhaben unterstützen, ist nach Auskunft der relevanten Ministerien zwingend, damit es überhaupt eine Chance hat, umgesetzt zu werden. Nützliche Idioten für die Verleger wollten wir aber nicht sein, in Hinterzimmern mauscheln ist auch nicht unser Ding, vertrauensbildende Maßnahmen der Verlagsseite fehlten auch. Unter diesen Bedingungen hatten wir in der Tat kein Interesse, an Verhandlungen teilzunehmen. Wir hätten uns die gleiche Haltung – auch, was die Forderung angeht, alle Verbände in die Verhandlungen einzubeziehen – auch bei den anderen Verbänden gewünscht. Und wünschen uns jetzt im Sinne einer ehrlichen Auseinandersetzung, dass Verlagslobbyisten bitte die ganze Geschichte erzählen, wenn sie über die Freischreiber sprechen, statt zu versuchen, mit Halbwahrheiten Politik zu machen. Übrigens: Auf die Forderung aus dem Publikum, für Transparenz zu sorgen und den neusten Stand der Verhandlungen zwischen Verlagen und Gewerkschaften zu veröffentlichen, ging Christoph Keese bei der Diskussion in Hamburg nicht ein. Der viel kritisierte Entwurf zum Leistungsschutzrecht steht bei irights.info, Stefan Niggemeier war ebenfalls Teilnehmer des Symposiums in Hamburg und berichtet in seinem Blog. Außerdem verweisen wir noch einmal auf das, was wir kürzlich schon verbreitet haben: Beteiligt die Urheber!


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