Arbeitsgruppen
8. April 2014

Freischreibers Glotze (1)

Unter dem Titel „Freischreibers Glotze“ sollen hier in lockerer Folge Themen aus dem Bereich Funk und Fernsehen angesprochen werden, die Freischreiber interessieren könnten. Aktuelle Themen, Fernseh-Ereignisse, Hinweise auf interessante Artikel und Sendungen.

1. Lanz: An die Wand gefahren

Die Meldung der vergangenen Woche, die die größten Wellen schlagen wird, ist sicherlich die baldige Einstellung von „Wetten dass“. Thomas Gottschalk kommentierte trocken: „Dann hätte ich das Ding auch gleich selbst an die Wand fahren können.“. Von Anfang an fand der selbstverliebte, überforderte Moderator mit dem Dauergrinsen und den zweifelhaften Witzchen, über die meistens nur er lachen konnte, nicht den richtigen Dreh. In den viel zu großen Schuhen von Thomas Gottschalk fand er einfach keinen eigenen Halt, so dass es so kommen musste. Angekündigt wurde das ganze übrigens schon einen Tag vorher, da hatte das ZDF den 1.April-Scherz getwittert, Markus Lanz würde der neue Chefsteward beim „Traumschiff“. Wie lustig. Einen Tag, bevor Lanz das Ende selbst verkünden durfte (?). Mobbing in Reinkultur. Wer einen solchen Arbeitgeber hat braucht wirklich keine Feinde. Auch in seiner Talkshow fällt Lanz seit langem eher durch Unfähigkeit auf. Nach dem skandalösen Interview mit Sarah Wagenknecht forderten über 230.000 Zuschauer in einer Online-Petion „Raus mit Markus Lanz aus meinem Rundfunkbeitrag! Es wird Zeit. Warum sollen wir warten, bis Herr Lanz auch seine Talkshow vor aller Augen an die Wand gefahren hat.

2. Pirinçci und das ZDF: Jeder Depp darf heute daherschwadronieren

In seiner TAZ-Kolumne „der rote faden“ beschäftigte sich Robert Misik gestern mit dem „rechten Hassprediger und Hetzschreiber Akif Pirinçci“, der es „mit seiner Hassfibel gegen Frauen, Schwule und Zuwanderer jetzt sogar in eine ZDF-Mittagssendung geschafft, in der ihm eine trostlos dauerlächelnde Moderatorin Stöckchen geworfen hat für die Verbreitung seiner kruden Meinungen, die sie zu „interessanten Thesen“ adelte“. Dabei geht es Robert Misik nicht nur um die Auseinandersetzung mit dem Autor. Ausgehend von der Annahme, dass das ZDF oder die „mit der Moderation betraute Journalistendarstellerin die Thesen des Herrn Pirinçci wirklich teilt“, vermutet er, „hat sich die Redaktion wohl Folgendes gedacht: „Schräge, provokante Thesen, sicherlich das, was man einen Aufreger nennt. Das wäre doch ein spannender Gast.“ Was aber nichts anderes heißt als: Jeder Depp darf heute daherschwadronieren und erhält eine Bühne, wenn nur die Aussicht besteht, dass er nur ausreichend „spannend“ (also ausreichend deppert) ist und dass es für seine Einlassungen irgendeine Art von Markt gibt, also ein Publikum, das nicht wegzappt.“ Es lohnt sich wirklich, einmal darüber nachzudenken, warum das Fernsehen welchen Leuten Platz für Propaganda und Werbung gibt. Das fängt bei Sarrazin an und hört mit ihm noch lange nicht auf. Da fragt man sich zum Beispiel, warum beim letzten Kieler Tatort plötzlich der Autor Frank Schätzing auftritt. Das war nun wirklich noch nicht einmal Laienschauspieler-Niveau sondern nur noch peinlich. Aber der „Gast“ darf im Weggehen dann auch noch darauf hinweisen, dass er Krimis schreibt. Und das wird – öffentlich-rechtlich – ausgerechnet gesendet, wenn Schätzing landauf, landab sein neues Buch bewirbt. Ein Narr, wer Böses dabei denkt. Wenn ich im Rundfunkrat wäre, würde ich ein ernstes Wörtchen mit der Redaktion reden.

3. Stefan Niggemeier: Dominik Grafs Nachruf auf das Fernsehen

In dieser Woche wurde wieder der Grimme-Preis verliehen. Diesmal gab es Grund zum Feiern, denn es galt, das 50. Jubiläum zu feiern. Neben den üblichen Reden und Preisen aber gab es ein absolutes Highlight, auf das Stefan Niggemeier in seinem Blog hinweist: „Dominik Graf hat dem Grimme-Preis zum 50. Geburtstag einen Film geschenkt. Es ist ein Nachruf geworden. Ein Nachruf auf das Fernsehen. Und auf all die Träume und Versprechungen, die sich einst mit diesem Medium verbanden, seine Experimentierlust und seine Neugier, seinen Ehrgeiz und seinen Anspruch. Ein Nachruf auf all die Hoffnungen, die das Fernsehen und seine Zuschauer längst begraben haben.“
Ein trauriger Film, wie Stefan Niggemeier meint: „Das Traurigste sind die Sätze, die Fernsehmacher und Fernsehverantwortliche von heute über die Gegenwart des Fernsehmachens sagen… Der Film endet mit einer wunderbaren kleinen Szene, die man gesehen haben muss, und großem, verwegenem Pathos: „Es geht beim Fernsehen um Freiheit, um Offenheit, um das Niederlegen von Denkzäunen. Es geht um die Vernichtung von Bürokratie. Es geht um die Vermischung von Avantgarde und Popularität. Es geht schlicht und einfach um die Verbesserung der Welt. Haltet Euch ran, Freunde.
Wir.
Waren.
Schon.
Mal.
Mit.
Allem.
Wesentlich.
Weiter.

Also: unbedingt ansehen. Mehr dazu in Stefan Niggemeiers Blog.

Das wars für heute: Mehr zu Funk und Fernsehen bald an dieser Stelle.

Michael Schomers


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