vom 20T12:47:16+00:00.11.2018

 
 
 
Liebe Freischreiberinnen, liebe Freunde von Freischreiber,
 
 
Ihr Newsletter wird sich heute etwas schwertun mit einer objektiven Berichterstattung.

Die Feier in Berlin zum zehnten Geburtstag von Freischreiber war rauschhaft und lang. Auch kehrt die Erinnerung dank einiger giftgrüner Cocktails nicht zuverlässig zurück. Doch was sich vor der Party ereignete, haben wir noch glasklar vor Augen.
 
Da war zunächst die Mitgliederversammlung am 16.11., auf der es neben unseren Tätigkeitsberichten auch um die Zukunft ging: Welchen Weg soll Freischreiber in den kommenden Jahren einschlagen? Unser Blick in die Glaskugel wird das große Thema im neuen Jahr sein: auf einer Klausur Anfang April mit engagierten Mitgliedern, der Geschäftsstelle und dem Vorstand. 

Sehr gefreut haben wir uns übrigens über über die vielen Glückwünsche, die uns öffentlich, per Mail und persönlich erreicht haben. Einen Glückwunsch möchten wir euch zeigen: ein wunderbares Geburtstagsvideo von Steffen Grimberg. Schaut selbst – und vielen Dank, Steffen!
 

Der Partytag selbst begann mit diversen Workshops für unsere Mitglieder, etwa zum Thema: Wie finanzieren sich unabhängige Medien-Start-ups? Oder: Wie bastele ich einen Podcast? Angela Kea, die das Innovationslab der Deutschen Welle leitet, informierte über 360-Grad-Reportagen. Und Angelika Ohland über die Kunst des Redenschreibens für Politiker. 
 
Dann kamen der Abend und mit ihm unsere wundervollen Gäste. Was hatten wir für Leute im Haus! Schöne, schlaue, lustige, bestens gelaunte Freischreiber-Freunde, manche sogar mit Geburtstagsgeschenken. Die Crowdspondents Lisa Altmeier und Steffi Fetz brachten uns selbstgebackene Himmel- und Höllekekse mit und eine Rede, an die wir noch lange denken werden. Tabea Rößner, die Bundestagsabgeordnete der Grünen, die selbst einmal freie Journalistin gewesen ist, versprach uns, weiterhin für Urheberrechte zu streiten. Und dann war da Johannes Schneider alias Bommi alias „Schneidi, meine Sonne“, der von Freien gebeutelte Redakteur mit seiner Ukulele und einem fulminanten, eigens für uns komponierten Freischreiber-Blues. Danke für all das! Auch für die vielen guten Wünsche, die an den Ballsaal-Himmel flogen. Es waren so viele. Hier geht’s zu den Reden des Abends.
 
Himmel und Hölle
 
Wo krachend gefeiert wird, sollen auch andere nicht leer ausgehen. Die Süddeutsche Zeitung hat zum zweiten Mal in Folge den Höllepreis der Freischreiber bekommen: für ihre Knebelverträge, die unverfrorene Weitergabe von Texten ohne Vergütung und eklatantes Kommunikationsversagen. Oder, wie Freischreiber-Vorstand Frank Keil in seiner Preisrede sagte: „Wenn wir den Hölle-Preis nun erneut an die SZ verleihen, dann liegt das an der Schwere der Tat. Und am Umfang der Tat. Und daran, dass diese Tat andauert.“
 
Aber, weil Freischreiberinnen traditionelle Optimisten sind, gilt nach wie vor: „Der Hölle-Preis ist auch als Förderpreis zu betrachten. Wir wollen die Preisträger ermutigen, sich endlich auf ihr eigentliches Kapital zu besinnen: ihre Autoren, in unserem Fall die Freien.“ Es ist nie zu spät, sich zu bessern, liebe Süddeutsche Zeitung. Und oft hilft ein Blick auf die Profis.
 
Wie auf das Wirtschaftsmagazin impulse, das den diesjährigen Himmelpreis gewonnen hat. Auch an dieser Stelle noch einmal herzlichen Glückwunsch, der Preis ist sehr verdient. Denn diese Redaktion weiß, dass man auf einem schwierigen Markt nur überlebt, wenn man seine Partner auch als solche behandelt: auf Augenhöhe, mit Respekt und Wertschätzung. Eine Haltung, die nicht nur den freien Autoren gilt, sondern auch ihren Werken. Bei Impulse gehe man, wie ein Whistleblower sagt, behutsam und respektvoll mit Texten um: „Jeder Text gewinnt, wenn er redigiert wird.“ Das macht Impulse zum würdigen Himmelpreisträger. Wir wünschen guten Flug!
 

Und weil es vom Heute schnell ins Morgen geht: Auch im nächsten Herbst verleiht Freischreiber einen Himmel- und einen Hölle-Preis. Sollten Sie also auf Kandidaten stoßen, im Guten wie im Schlechten: Informieren Sie uns!
 
 
Freischreiberiges:
 
Wunderheiler gehen besser in Deckung: Die Medwatch-Gründer und Freischreiber Nicola Kuhrt und Hinnerk Feldwisch-Drentrup haben den Netzwende-Award 2018 von Vocer gewonnen. Herzlichen Glückwunsch! Medwatch scannt das Netz nach gefährlichen und unseriösen Heilsversprechen und macht die Interessen dahinter sichtbar. Wer das Online-Magazin unterstützen möchte, hier geht’s zum medwatch-Crowdfunding.
 
Freischreiberin Pauline Tillmann schreibt in der taz über die Königsdisziplin im Journalismus. Also die klassische Reportage? Nichts da, sagt Tillmann. Die Königsdisziplin ist Community Building. Lesen Sie einen langen und sehr ergiebigen Text über journalistische Start-ups und warum sie für uns Freie so wichtig sind.  
 
Freischreiber-Vorstandsmitglied Steve Przybilla ist nach der Fete gleich in Berlin geblieben. Seit Montag arbeitet er als Journalist-in-Residence eine Woche lang in der Amerika-Gedenkbibliothek. Das Residence-Programm ist eine Kooperation von RiffReporter und der Zentral- und Landesbibliothek Berlin, die Journalisten und Leser zusammenbringen will. Steves Schwerpunkt sind die USA, zu denen er täglich Veranstaltungen anbietet, darunter eine Buchlesung, einen Workshop über Auslandsrecherche und einen Crashkurs für alle, die zum ersten Mal nach Amerika reisen. Das komplette Programm steht hier.
 
Schon preismüde? Aber nicht doch
 
Wir geben zu, nach diesem Wochenende kann man schon mal von Preisen genug haben. Aber das wäre schade, denn das Magazin Reportagen aus der Schweiz hat den True Story Award ins Leben gerufen. Er zeichnet weltweit die besten Reportagen in zwölf Sprachen aus. Einsendefrist für Texte ab 15.000 Zeichen ist der 10. Januar 2019 um 12 Uhr mittags, high noon! Das ist ein gutes Omen. Weitere Infos im Trailer
 
Kein Preis, aber dennoch eine richtig gute Nachricht: Das Verwaltungsgericht Leipzig stärkt die Rechte von Journalistinnen, die ihre Privatadresse schützen wollen. Hintergrund: Meldebehörden müssen auf Antrag eine Auskunftssperre im Melderegister für diejenigen Personen eintragen, bei denen anzunehmen ist, dass ihnen „durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann“. Also etwa für Journalisten, die zu Rechtsextremen und ihren Netzwerken recherchieren. Manche Behörde macht das aber nicht gern und lässt solche Anträge zum Teil monatelang liegen. Damit ist jetzt Schluss (VG Leipzig, Az.: 3 L 1191/18).
 
Schon den Rucksack gepackt? Viel Zeit bleibt nicht mehr bis zum Q-Camp, der Jahrestagung von Pro Quote in Berlin. Am 23. November geht es im Coworking-Space Unicorn von früh bis spät um die Zukunft von Frauen in den Medien, um Verhandeln, Kontern und Klappe aufmachen. Und um die Frage: Wie lässt sich das System von innen verändern? Im Programm gesichtet haben wir die Freischreiberinnen Emilia Smechowski (“kontern”), Silke Burmester (“trauen”) und Julia Friedrichs (“frei beiben”). Wir wünschen einen umwerfenden Tag.
 
 
Lesen bildet
 
Vor allem bei Übermedien. Dort kann man sich noch einmal zu Gemüte führen, was es mit dem Leistungsschutzrecht auf sich hat, das die Verlage so lieben. Und das für uns Freie alles andere als liebenswert ist. Stefan Niggemeier, der Gründer von Übermedien, sagt in aller Klarheit: „Es geht beim Leistungsschutzrecht ausdrücklich – das ist sein Kern und ein wesentlicher Grund, warum Leute wie Döpfner so erbittert für das Prinzip kämpfen – um ein Recht der Verleger an den Texten, nicht der Urheber.“
 
Das war es wieder von uns. Kommen Sie gut durch den November und bleiben Sie uns erhalten. Wir haben noch viele Feste vor uns.
 
Herzlichst,
Ihre Freischreiber