vom 26T20:55:35+00:00.03.2019

 

26. März 2019

 
Liebe Freischreiber, liebe Kolleginnen und liebe Freunde von Freischreiber,
 
 
wir wollen es heute kurz machen. Wenn dieser Newsletter Farbe tragen würde, wäre es ein klaftertiefes Schwarz um Mitternacht am Polarkreis zur Winterzeit ohne Nordlicht. Die Urheberinnen, zumindest die freien schreibenden Journalisten, haben heute krachend verloren. Die EU-UrheberVerwerterrechtsreform wird kommen, sie ist im EU-Parlament mit 348 Pro-Stimmen angenommen worden. 274 Abgeordnete waren dagegen, 36 enthielten sich. Was das für uns konkret bedeutet, haben wir vielfach in unseren Newslettern beschrieben.
 
Heute verlinken wir dazu nur noch zwei Texte. Peter Welchering schreibt bei RiffReporter auf, warum die Urheber zwischen allen Stühlen sitzen, wenn es um die Früchte ihrer Arbeit geht: „Uns Urhebern wird gleich von zwei Seiten der gerechte Lohn für ihre Arbeit vorenthalten. Google, Facebook & Co haben äußerst aufwändige Lobbyarbeit betrieben, damit kein europäisches Urheberrecht entsteht, das den Urhebern eine gerechte Entlohnung für ihre Arbeit sichert. Auf der anderen Seite wollen sich die Verwertungsgesellschaften und Verleger einen möglichst großen Teil vom Kuchen sichern.“
 
Und Wolfgang Michal beschreibt anschaulich, warum es in diesem Konflikt nicht um die Installation einer „Zensurmaschine“ geht, die das Internet kaputt macht, sondern um die Installation einer Geldmaschine

Im Moment bleibt uns nur zu sagen: Wer auch immer für diese Un-Reform gestimmt hat, wer auch immer für sie getrommelt und Urhebern weisgemacht hat, es würde dabei um sie gehen – danke für nichts.
 
Dafür tausendmal danke, Julia Reda, für Ihre Sachkompetenz, Ihren Einsatz, Ihren Durchblick und Ihren Kampfgeist! Wir werden Ihre Arbeit sehr vermissen (Reda tritt nicht mehr zur Europawahl 2019 an.)
 
Auch unser nächstes Thema ist nicht gerade konfliktarm. Leserinnen unseres Newsletters baten uns, mehr zu gendern. Wir haben ja eine redaktionsinterne Lösung, die so recht nach Freischreiber-Art ist: Jede gendert, wie sie will. Die einen Redaktionsmitglieder nehmen das Binnen-I oder den Stern, andere bevorzugen die ausführliche Lösung (liebe Journalistinnen und Journalisten), wieder andere mischen querbeet und freuen sich heimlich, wenn in Mails nachgefragt wird: „Was soll denn das? Sind Männer da jetzt auch gemeint?“
Eine sehr kluge, witzige und sprachgewandte Replik von Till Raether auf vermeintlichen „Gender-Unfug“ wollen wir Ihnen unbedingt ans Herz legen. Er bespricht das Manifest einiger Prominenter, das nicht nur „entsetzlich schlecht geschrieben“, sondern auch sonst mängelbehaftet sei: „Da wird zur Verteidigung dieser deutschen Sprache als einziger Dichter ausgerechnet Shakespeare zitiert, der mit ihr nichts zu tun hatte.“
 
Termine, Seminare, Stipendien und Preise
 
Unsere Freischreiber-Geschäftsstelle hat der Newsletter-Redaktion dieses Stipendium zugemailt und dazu notiert: „was für die jungen Hüpfer bis 33“. Und so ist es: Für junge Journalistinnen (hehe) vergibt die Reporter-Akademie Berlin sechs Stipendien – darin enthalten sind die beiden Intensiv-Workshops „Masterclass Reportage“ und „Gut leben als Freie/r“, die Michael Obert leitet. Außerdem gibt es ein Werkstattgespräch im kleinen Kreis. Bewerbungsschluss ist der 8. April 2019. Mehr dazu hier.
 
„Demokratie braucht Medien“, sagt die Friedrich-Ebert-Stiftung und lädt zur Tagung am 20. Mai in Berlin. Themen sind u. a. Pressefreiheit und Medien-Innovationen. Die Teilnahme an der Tagung ist kostenfrei, um Anmeldung wird gebeten.
 
Der ARD-Freien-Kongress findet in diesem Jahr am 5. und 6. April statt. Da geht es unter anderem um die Strukturreform 2011–2024 („Reform“ könnte das Unwort 2019 werden) und um die Befürchtung, dass vor allem bei Freien gespart wird. Weitere Themen: „Age Management“, „Freie in die Personalräte“ und „Recherche“. Außerdem wird der Freien-Preis „das dicke Brett“ verliehen.
 
Apropos Age Management, apropos Preis. Wer mal ein echtes Alleinstellungsmerkmal haben möchte: Stipendien und Preise für die angegraute Generation, „für die mittleren Hüpfer ab 45“, gibt es bislang noch nirgends.
 
Sprint- statt Print-Journalismus: Das Journalismus-Lab der Landesanstalt für Medien NRW veranstaltet vom 12. bis 14. April sein Idea Sprint für Medienmacher*innen. Es geht um „Journalismus 2020“, innovative Geschäftsmodelle und den Lokaljournalismus der Zukunft.
 
Dies & das
 
Derzeit läuft eine Crowdfunding-Kampagne von Reporter ohne Grenzen (RoG) für das Fotobuch „Fotos für die Pressefreiheit 2019“. Internationale Fotografinnen und Fotografen zeigen ihre Bilder aus Ländern, in denen die Meinungs- und Pressefreiheit in Gefahr sind. Die Erlöse aus dem Buchverkauf kommen der Arbeit für die Pressefreiheit zugute. Mehr dazu hier und hier.
 
Und zuguterletzt: Das unabhängige Schweizer Magazin „Republik“ hat sein erstes Jahr vollendet und veröffentlicht hier, wie es sich das zweite Jahr seines Bestehens vorstellt.
 
Das war es wieder von uns. Wir wünschen Ihnen nur das Allerbeste, trotz, wegen oder deshalb.
 
Ihre Freischreiberinnen