Faire Verträge
15. April 2016

Gruner + Jahr: Freischreiber fordert rechtssichere Rahmenbedingungen für Freie

Freischreiber fordert von Gruner + Jahr, gemeinsam mit den freien Mitarbeitern nach Lösungen zur Weiterbeschäftigung zu suchen und die Verantwortung für die Verlagsstrategie nicht länger auf die Chefredakteure abzuwälzen.

Im Dezember 2014 verschickten wir an Julia Jäkel unsere CD mit Redaktionsgeräuschen, damit sie sich nach der Entlassungswelle nicht so einsam fühlt. Wir hatten uns getäuscht, denn einsam war niemand. Die entlassenen Redakteure wurden schnell durch freie Redakteure ersetzt. Schönheitsfehler dieser vermeintlichen Strategie: Sie ist rechtswidrig. Wer Freie beschäftigt, darf sie nicht nahezu Vollzeit arbeiten lassen und fest in die Redaktionsabläufe einbinden, sonst sind sie scheinselbständig, und der Arbeitgeber betrügt die  Sozialkassen.

Schwer vorstellbar, dass man das in der Rechtsabteilung von G+J nicht gewusst hat. Man hat wohl gehofft, dass der Zoll nicht so genau hinschaut, so wie es in der Branche jahrelang üblich war.

Bei einem Treffen mit den Verlagsabgesandten Andreas Petzold vom stern und Stefan Waschatz (Personalchef) – das zunächst mehrfach abgelehnt wurde und erst auf hartnäckiges Bitten der freien Kollegen stattfand – wurde erklärt:

– Ansprechpartner der freien Kollegen für die Umstrukturierung seien die Chefredakteure

– eine vollständige Übersicht über die Umstrukturierung gebe es erst Ende März. Ein Stichtag zum 1. April, ab dem keine Freien mehr im Haus beschäftigt werden sollen, existiere gar nicht

Aus unserer Sicht wenig glaubwürdig. Erstens ist die Verlagsstrategie Sache der Verlagsleitung, nicht der Chefredakteure, die die laufenden Produktionen sichern müssen.

Zweitens: Es werden längst Fakten geschaffen. Viele freie Kollegen werden schon jetzt nicht mehr gebucht und müssen sich neue Auftraggeber suchen. Anderen wurde explizit von ihren Chefredakteuren mitgeteilt, dass sie ab dem 1. April nicht mehr für ihre Redaktion arbeiten werden.

Freischreiber fragt:

– Warum wälzt die Verlagsleitung die Verantwortung für den Umgang mit freien Mitarbeitern auf die Chefredakteure ab?

– Wie verhält es sich wirklich mit diesem Stichtag 1. April, ab dem keine Freien mehr im Haus beschäftigt werden sollen?

– Wer übernimmt für dieses Missmanagement auf dem Rücken der Freien die Verantwortung?

Freischreiber fordert:

– Gruner + Jahr muss jetzt rechtssichere Rahmenbedingungen für Freie schaffen.

– Der Verlag muss für jene Kollegen, die nahezu in Vollzeit für den Verlag arbeiten, nun tarifgebundene Anstellungsverträge anbieten, bei denen sie angemessen nach ihrer Berufserfahrung eingruppiert werden.

–  Der Verlag muss freien Kollegen Teilzeitverträge oder Werkverträge anbieten, die ihnen weiterhin Raum für freie Tätigkeiten lassen, etwa für ihre Arbeit als Autoren.

Unsere Pressemitteilung vom 9.2.2016: FREISCHREIBER zu G+J

 


Verwandte Artikel

Newsletter
23. Januar 2016

Eisernes Schweigen am Baumwall

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein besonderer Newsletter, ein Extra-Newsletter. Denn es tut sich was in unserer Branche. Allerdings nichts Gutes. Stichwort: Scheinselbstständigkeit. Derzeit werden die Verlagshäusern und Medienhäusern durchforstet... Weiterlesen
Fair vs. Fies
05. Dezember 2014

Wie wär's mit einer Vision, Frau Jäkel?

Bei Gruner+Jahr gab es mal einen Vorstand, der die ersten Sparmaßnahmen im Haus in eine hübsche Metapher kleidete. Wenn auf das Schiff eine Riesenwelle zurolle,... Weiterlesen
Faire Verträge
29. Juli 2015

Scheinselbstständigkeit – was Sie dazu wissen sollten

Salat für knapp fünf Euro statt für den Mitarbeiterpreis von 2,46 Euro: Manche Verlage lassen Freie doppelt so viel fürs Essen bezahlen wie die Angstellten.... Weiterlesen
Faire Verträge
28. Juli 2015

Schein oder sein?

Nicht erst seit den Recherchen der taz geistert das Schreckenswort „Scheinselbstständigkeit“ durch die Redaktionen. Bekommen Freie eine Visitenkarte vom Haus und eine Redaktions-E-Mail-Adresse? All das... Weiterlesen