Faire Verträge
7. August 2018

Freien-Streik: So wird’s gemacht

Es war ein in dieser Form einmaliger Vorgang: 19 freie Journalist*Innen der Eßlinger Zeitung traten diesen Sommer zwei Wochen in den Ausstand, um bessere Honorare durchzusetzen – mit Erfolg! Freischreiber hat die Truppe getroffen, um das Geheimnis ihres Streik-Erfolgs zu ergründen. Hier die fünf wichtigsten Lektionen, die wir erfahren haben:

  • Organisiert euch!
    Medienbetriebe sind für freie Journalist*Innen oft eine Blackbox: Wir nehmen Termine wahr, schreiben Artikel, und ab damit in die Redaktion, natürlich per E-Mail. Redakteur*Innen bekommen wir nur selten zu sehen, geschweige denn andere Freie. Dementsprechend schwierig gestaltet sich der Zusammenhalt. Nicht so bei der Eßlinger Zeitung. Dort treffen sich die Freien schon seit den 1990er-Jahren regelmäßig zum Austausch. Man kennt sich, man trifft sich, man organisiert sich. Der persönliche Kontakt macht die Esslinger zu einer schlagkräftigen Truppe.
  • Haltet zusammen!
    Für Verlage sind Freie ein – günstiges – Mittel zum Zweck. Was dabei oft vergessen wird: Wir sind für sie unersetzlich. Gerade in Zeiten, in denen viele Redaktionen personell bis zur Schmerzgrenze ausgedünnt wurden, geht ohne externe Hilfe gar nichts. Die Eßlinger Zeitung schaltete während des Freien-Streiks sogar Anzeigen, um neue Freie zu gewinnen. Wir sind stärker, als wir zunächst vermuten. Aus diesem Wissen heraus sollten wir verhandeln.
  • Sucht Unterstützung!
    Je mehr Mitstreiter, desto besser. Auch innerhalb des Verlagshauses suchten sich die Esslinger Freien Verbündete, z.B. aus den Reihen des Betriebsrats und der Redaktion. Von Verdi erhielten sie außerdem gewerkschaftliche Unterstützung.
  • Informiert die Öffentlichkeit!
    Im stillen Kämmerlein verhandeln? Keine gute Idee. Um den Druck zu erhöhen, kommunizierten die Esslinger Freien ihren Streik nach außen. Sie schrieben Bundestagsabgeordnete an, informierten Gemeinderäte, Vereine und Leser*Innen. Viele waren ernsthaft überrascht von den Bedingungen, zu denen Journalist*Innen arbeiten müssen; manche drohten sogar mit Abo-Kündigungen. Das trifft Verlage mehr als jeder Appell ans gute Gewissen.
  • Zieht die Sache durch!
    Auch wenn es schmerzt, zwei Wochen nicht zu arbeiten, auch wenn manche Themen noch so interessant erscheinen mögen: Zieht die Sache durch! Keine Extrawürste, keine Alleingänge. Nur so baut ihr genug Druck auf, um eure Forderungen durchzusetzen.

 


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