Andere über uns
15. November 2019

Ohne freie Journalist*innen kein Qualitätsjournalismus

Pressemitteilung, 15. November 2019. Der Haushaltsausschuss beschließt Verlagssubventionen zur Förderung der Zeitungszustellung. Das wird den Qualitätsjournalismus nicht zurückbringen; nur eine angemessene Bezahlung von freien Journalist*innen könnte dies gewährleisten.

Wenn in Bolivien die Regierung gestürzt wird, Deutschland über eine Rentenreform diskutiert, wenn der Schützenverein einen neuen Vorstand wählt oder die Oma 100 Jahre alt wird, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass es freie Journalist*innen sind, die von diesen Ereignissen berichten. Freie Journalist*innen sind einer der tragenden Pfeiler der öffentlichen Meinungs- und Willensbildung in Deutschland: Ohne sie wäre eine qualitativ hochwertige Berichterstattung nicht möglich.

Daher müssen vor allem freie Journalist*innen im Vordergrund stehen, wenn es darum geht, den Qualitätsjournalismus zu schützen und zu fördern. Zwar ist es begrüßenswert, wenn die Politik über Möglichkeiten nachdenkt, die Vielfalt an lokalen, regionalen und bundesweiten Medien zu erhalten. Doch ohne die freien Journalist*innen kann es keinen flächendeckenden Qualitätsjournalismus in Deutschland geben.

Viel zu oft zahlen vor allem lokale und regionale Zeitungen nur sehr geringe Honorare, und immer öfter führt dies dazu, dass erfahrene Journalist*innen zu diesen Konditionen nicht mehr arbeiten können oder wollen: weil es unmöglich geworden ist, damit auch nur den Lebensbedarf zu decken. In der Folge müsste der Staat mit Sozialleistungen wie etwa dem Arbeitslosengeld II oder Wohngeld einspringen. Überdies droht die Altersarmut.

Die Folgen für die Qualität der Berichterstattung in lokalen und regionalen Medien – und damit auch für die Meinungs- und Willensbildung in den entsprechenden Verbreitungsgebieten – sind verheerend. Eine Bezuschussung zu den Kosten der Zeitungszustellung wird den Qualitätsjournalismus nicht in diese Regionen zurückbringen; nur eine angemessene Bezahlung von freien Journalist*innen könnte dies gewährleisten.

Die Politik muss daher Unterstützungen für Presseverlage an die Bedingung knüpfen, dass Zeitungsverlage ihre freien Journalist*innen angemessen bezahlen, entsprechend ihrer tatsächlichen Arbeitsleistung. Die Forderung nach angemessenen Vergütungen, also einer Art Mindestlohn für freie Journalist*innen, ist bereits seit vielen Jahren im Urheber*innenvertragsrecht verankert. Nur: Nachhaltig umgesetzt wurde sie nicht. Nach mehr als neun Jahre dauernden Verhandlungen traten 2010 gemeinsame Vergütungsregeln für freie Journalist*innen an Tageszeitungen in Kraft, in denen damals schon viel zu niedrige Sätze festgelegt wurden, die zudem an die Auflagen der Zeitungen gebunden waren und nie erhöht wurden. Und selbst diese niedrigen Sätze wurden nur von wenigen Tageszeitungen tatsächlich gezahlt, bevor sie dann 2017 vom Bundesverband deutscher Zeitungsverleger einseitig aufgekündigt wurden, nachdem der Gesetzgeber ein Verbandsklagerecht eingeführt hatte. 

Wer Qualitätsjournalismus fordert, muss sich also vor allem dafür einsetzen, dass freie Journalist*innen angemessen bezahlt werden: bei allen Medien, unabhängig von der Auflage oder Reichweite.

Kontakt:
Freischreiber e. V.
Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten
Kontakt: Heidi Schmidt und Yvonne Pöppelbaum,
Telefon: 040 / 22 86 71 52, kontakt@freischreiber.de

Diese Pressemitteilung als PDF


Verwandte Artikel

Fair vs. Fies
23. Oktober 2019

Himmel-und-Hölle-Preis 2019: Die Nominierten

Wer kommt in den Himmel? Wer hat einen Platz in der Hölle verdient? Am 9. November verleihen wir in Hamburg den Himmel-und-Hölle-Preis 2019 und zeichnen... Weiterlesen
Fair vs. Fies
11. November 2019

„Es war Notwehr“

Freischreiber verleiht den Himmel- und Höllepreis 2019 in Hamburg. Wie viel kann ein Verband an einem Tag schaffen? Freischreiber, der Berufsverband der freien Journalistinnen und... Weiterlesen
Faire Verträge
05. September 2019

Stellungnahme zur Umsetzung der EU-Urheberrechtslinie

Wir veröffentlichen hier unsere Stellungnahme zur Öffentlichen Konsultation zur Umsetzung der EU-Richtlinien im Urheberrecht (DSM-RL (EU) 2019/790 und Online-SatCab-RL (EU) 2019/789: - keine pauschale Beteiligung... Weiterlesen
14. Juni 2019

1. Freischreiber-Honorarreport: Sagen, was ist – viele freie Journalist*innen verdienen mies

Hamburg, 14.06.2019: Freischreiber sammelt seit Oktober 2018 via www.wasjournalistenverdienen.de anonym Honorare und Gehälter von Journalist*innen. Die erste Auswertung der Daten ergab, was jeder weiß und... Weiterlesen