[Der :Freischreiber-Newsletter]

vom 04.04.2014

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

die dreizehnte These, der coolste Aufstieg, der nächste Webtalk – gleich geht es damit los. Erstmal aber schaukelt das Hoodie-Nachbeben das Medienbecken. Doch während Tanja Bücker im FAZ-Blog nachbebend abgehobene Nerds in einer neuen Art Elite-Uniform ausmacht ,Torsten Körner in Chrismon (nach herkömmlicher Recherche-Manier) historische Kapuzen ausgräbt, sprinten die geborenen Onliner unter den Kollegen hurtig durchs Netz. Beispiel? Die bisherige Online-Chefin Frauke Böger wird gerade in die Chefetage befördert, erst 2009 kam sie als Volontärin zur „taz“. Hier ist sie – hinten ohne – im Interview des NDR Magazin „Zapp“. Hallo? SZ-Printer? So geht das.

Aber Online kann auch ganz schön fertig machen, hat die Volontärin der sächsischen Freien Presse Cornelia Hennersdorf festgestellt. Auf dem Voloblog der Zeitung postet sie, das Onlinejournalismus zwar verdammt cool ist, weil die Nachrichtenwelt so viel schneller dreht. Dem Arbeiten „wie im Rausch“ aber folgte dann die gehetzte Ernüchterung beim Sortieren von Leserkommentare nach „beleidigend, bedrohend, pornonafisch, obszön, diffamierend, verleumdend, volksverhetzend oder rassistisch“. Nicht alle Wellen schlagenden Geschichten könnten gepostet werden, „weil die Flut der Kommentare uns regelrecht überrollen würde“.

Da sind sie also, die Leser. Online. Weswegen nicht zuletzt auch Hyperlokalblogs immer mehr an Klicks gewinnen. Zum Beispiel „Mainz&“ von Freischreiberin Gisela Kirschstein. Oder das „Weiterstadtnetz“ von Freischreiber Julian Heck, der mittlerweile sogar die Lokalseite der örtlichen Zeitung aufgeweckt (und zur Abkehr vom gemütlichen Bratwurst- gegen Artikeljournalismus gebracht) hat. Derzeit beschäftigt ihn, ob er auf die Anfragen umliegender Kommunen mit Expansion reagieren soll… Gutes Hyperlokales kann also ein Erfolgsmodell sein. Vielleicht sogar noch besser unter einer bekannten Dachmarke als Online-Print-Kombi? Das testet gerade die „Zeit“ an den Hamburgern: 200.000 Lokal-Exemplare werden jetzt als Postwurfsendung verteilt. Parallel dazu startet ein Onlineregional-Angebot mit Nachrichten und Veranstaltungstipps. Hier mehr.

Auch Special Interest scheint sich immer mehr zu spezialisieren: drei Newcomer auf dem Zeitschriftenmarkt heißen „Brot“ – „mutti kocht am besten“ vom Nachwuchs der Burda-Journalistenschule (und wird womöglich wie das vor Werbung strotzende „Share Magazin nur einmal als Abschlussarbeitsausgabe erscheinen) – und „Mein Landrezept“ (falkemedia) als E-Magazin. Nicht wirklich hoodie, finden wir und warten lieber auf die ersten digitalen Hefte und Leserkommentare mit „Substanz“. Hajo Hoffmann von Buchreport“ erzählen die „Die Jetzt-erst-recht-Verleger“ Georg Dahm und Denis Dilba vom Stand der Dinge ihrer speziellen Antwort auf die Medienkrise.

Und weil zeitgemäße Bezahlmodelle fürs Publizieren der Zukunft viel mit Teilen und Selbstvermarkten zu tun haben, lohnt sich ein Profil auf „torial“, ein Blick auf „vocer“ – und natürlich das Reinhören/-schauen in unseren knackigen Webtalk #freimittag Nr 6 – Achtung heute um 12 Uhr! Da spricht Yvonne Pöppelbaum mit Tabea Grzeszyk über hostwriter.org. Unter dieser Webadresse soll eine weltweite Kooperationsplattform für Journalisten entstehen. Ein Netzwerk, um Kollegen zu finden, die ähnliche Themen recherchieren, bei Visa-Fragen helfen oder einfach ihre Couch zum Übernachten zur Verfügung stellen. Zu sehen ist der Spreecast heute, Freitag 4.4. um 12h hier. Wer sich bei Spreecast registriert, kann direkt im Chat Fragen stellen. Alternativ einfach den Hashtag #freimittag auf Twitter nutzen.

Und die dreizehnte These? Freischreiber Kai Schächtele hat sich die zwölf Thesen der "Zeit"-Online-Kollegen von letzter Woche zum Spannungsfeld von Print und Online vorgenommen und sie entscheidend ergänzt: "Es hat keinen Sinn, über die Zukunft zu sprechen, wenn wir nicht endlich damit beginnen, gemeinsam zwischen Print und Online konstruktiv über Geld zu sprechen. Sonst lässt sich die Diskussion nicht vernünftig führen." Und so nimmt er sich den seltsamen, kaum diskutierten Zwiespalt vor: einerseits wird von Medien wie Zeit-Online bestens recherchierter, ethisch-lupenreiner Qualitätsjournalismus verlangt, aber so richtig zahlen möchte man dafür nicht. Weil unserseits ja mit Herz und Hirn und Leidenschaft dabei ist: "Ich habe neulich meine Vermieterin gefragt, ob es in Ordnung wäre, wenn ich, solange die Branche die Fragen nach dem Geld verschämt verschweigt, meine Miete von meiner Leidenschaft bezahlte. Klar, hat sie geantwortet, aber nur, wenn ich damit einverstanden sei, dass sie meine Wohnung bis dahin mit Liebe heizt."

Dies und Das

Und gleich noch ein Webhappen: „erste hilfe für freie“ heißt die Webinar-Reihe des Wiener „forum journalismus und medien fjum – die nächsten Kurse finden am kommenden Montag und Dienstag(7.4. und 8.4.) zum Thema „Praktische Computer-Programme und –Tools“ jeweils von 19 bis 20 Uhr statt.
Die Idee dahinter: Wer nicht in einen Redaktionsalltag eingebettet ist, muss sich selbst nach neuem praktischen E-Werkzeug für die journalistische Arbeit umschauen – außerdem können sich Freie teure Programme oft nicht leisten. Deshalb werden in diesem zweiteiligen Webinar nützliche kostenlose oder kostengünstige Programme vorgestellt und ausprobiert. Kosten: 10 Euro. Anmeldung bei Sonja Fercher mail (at ) sonja-fercher.at

Preise

Für publizistisches Engagement bei der Berichterstattung über Lesben, Schwule und Bisexuelle schreibt der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ) zum 17. Mal den Felix-Rexhausen-Preis aus. Eingereicht werden können journalistische Beiträge, die zwischen dem 1. April 2013 und 31. März 2014 veröffentlicht wurden.Einsendeschluss ist der 15. April 2014.

Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften „acatech“ vergibt den 10. Preis für Technikjournalismus und Technikfotografie PUNKT. In der Kategorie Text werden Beiträge prämiert, die „durch die fundierte Darstellung von Technik den gesellschaftlichen Diskurs über Innovationen und deren Anwendungsmöglichkeiten unterstützen“. Bewerbungen sind ab sofort in den Sparten Tageszeitung und Magazin/Zeitschrift/Wochenzeitung möglich – das Preisgeld beträgt jeweils 5.000 Euro. Einsendeschluss ist der 19. Mai 2014. Die Gewinner werden im Rahmen der „acatech“ Festveranstaltung am 4. November 2014 in Berlin geehrt. Auf www.journalistenpreis-punkt.de kann man die Bewerbungsunterladen uploaden. Fragen dazu beantwortet Mareike von Frieling telefonisch unter 089 / 23 23 90 91 oder per E-Mail an vonfrieling.partner -at- acatech.de.

Das Buch

Das neue Buch der Freischreiberin Anette Bopp (zusammen mit einer Palliativ-Krankenschwester geschrieben) hat den provokativen Titel „Die 7 Geheimnisse guten Sterbens“ und ist gerade erschienen.

Was jetzt noch fehlt? Geld! Beim Kollegen Mathias Irle sogar eine ganze Menge, in „Eine offene Rechnung“ hat er sich in der neuen „brand eins“ diesen lesenswerten Artikel von der Seele geschrieben. Auch beim Schrottfernsehexperiment geht's um illegal verdientes Geld. Unter dem Projekt „Follow the Money“ betreiben Carolyn Braun, Marcus Pfeil, Felix Rohrbeck und Christian Salewski innovativ-investigative Fernrecherche mit drei alten Fernsehern. Wie? Via GPS-Wanzen sollen die Schrottdinger zeigen, ob und wenn ja, wie und durch wen sie vertickt werden. Hier schon so viel, es funkt! Auf ihrem Blog schreiben sie, es gebe: „starke Indizien dafür, dass tatsächlich zwei unserer Schrottfernseher auf dem Weg nach Westafrika und damit illegal exportiert worden sind…“ Mehr hier.

Und damit auf zu neuen Hoodie-Goodies,
seien Sie erwartungsvoll!
Ihre Freischreiber

 

FREISCHREIBER TERMINE

Berlin

Um "Kooperatives Arbeiten und Selbstvermarktung im Netz" geht es beim nächsten Berliner Regionaltreffen am Dienstag, 6. Mai um 19.30 Uhr. Wir sprechen mit Marcus Jordan, Chefredakteur von Torial www.torial.com, mit dessen Portfolio-Netzwerk die Freischreiber eng zusammenarbeiten und ihre Website verknüpft haben. Anmeldungen an: gemma.poerzgen-at-gmx.net. Vor kurzem war Marcus Jordan bei den Franfkurter Freischreibern – das Protokoll zum Reinschnuppern hier.

 

München

Stammtisch: Auf zum nächsten Münchener Freischreiber-Stammtisch am 7. April ab 19.30 Uhr. Wir treffen uns wie immer im Kreuzberger, Westermühlstraße 32 Ecke Baumstraße – wie immer zum Netzwerken, Diskutieren, Klönen… Anmeldung bitte an gabi_beck-at-gmx.de

Auch München

Workshop: Nachdem der Vorschlag der gegenseitigen Textkritik so gut ankam, kommt jetzt der erste Freischreiber-Feedback-Workshop (FF-Workshop) am Samstag, 26. April von 12-17 Uhr, in der Marschallstraße 1 direkt an der Münchner Freiheit.
Anmeldung für 10 Leute über Lisa Rüffer: Du willst mitmachen? Dann schreib mir eine Mail. Finden sich mehr als zehn Interessenten, gilt: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Für den Raum zahle ich 50 Euro Miete. Ich bring einen Kasten Wasser mit, es gibt eine Kaffeemaschine und ein Sparschwein freut sich über Futter.Wer einen Text einreicht: Überlegt Euch bitte vorher, ob ihr Kritik auch wirklich hören wollt. Und schreibt mir kurz dazu, welche Fragen Euch interessieren und wo ihr Probleme seht. Es können gerne auch Eure besten Texte sein.
Anmeldung bis Mittwoch, 16. April an: kontakt-at-lisarueffer.de