[Der :Freischreiber-Newsletter]

vom 22.12.2017

 Liebe Freischreiber und Freischreiberinnen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
 
freischreiber-foppen-verleger-mit-fairness-kampagne“, das liest man gerne, das liest man nicht alle Tage… Was war passiert? Nun: Die Zeitungsverleger warben mit einer rührigen Kampagne für die Zeitung in der Region und in der Welt. Motto: „Jedes Wort wert“. Dazu schöne Bilder von Zeitungen und Zeilen und Menschen und auch eine zornige, junge Boxerin, die den Fake News auf die Schnauze haut, waren dabei. Nur eines hatten sie mal wieder vergessen: Ein Wort, das es wert ist, über Honorare, Zeilensätze und Tagespauschalen zu verlieren, damit auch ordentliche Zeitungsartikel und damit Zeitungen entstehen – also das mal auszusprechen. „Die Verleger haben recht. Genau so ist es. Jedes Wort ist’s wert“, sagten wir uns. „Aber gleichzeitig entwerten sie das Wort der freien Autoren: Senken die Honorare, nehmen uns Zweit- und Drittverwertungsrechte ab.“ Unterstützen wir also die Werbung fürs Wort mit eigenen Motiven, dachten wir uns. Und so zeigen wir nun auf unsere Weise, dass gute Worte und gute Sätze und gute Artikel nicht umsonst zu haben sind: Die Motive finden sich hier in aller Pracht und haben via Twitter und Facebook und auch sonst für einiges Aufsehen gesorgt.

Mal schauen, was wir uns als Nächstes ausdenken… Wer uns dabei unterstützen möchte – herzlich gerne.
 
Und – ja! – noch mal kurz – die VG Wort
 
Schon Geld da? Also hier schon. Sie erinnern sich: Die Ausschüttung der Gelder, die fälschlicherweise den Verlegern ausgezahlt wurde, sollte bis Ende dieses Jahres erfolgen. Hat die VG Wort nicht nur gesagt, sondern formal und amtlich beschlossen. Was also gerade auf den Konten der Urheberinnen und Urheber eintrudelt, ist das Geld, für das Freischreiber Martin Vogel so unermüdlich und gegen alle Widrigkeiten gekämpft hat. Das Geld der Urheberinnen und Urheber, für das sich einige tapfere Freischreiber auf VG-Wort-Sitzungen in München wüst haben beschimpfen lassen, weil sie es gewagt haben, sich für die Rechte der Urheberinnen und Urheber einzusetzen

Drum rufen wir heute in dezent vorweihnachtlicher Stimmung den Feiertag der Urheberinnen und Urheber aus: den 1. Martin-Vogel-Tag. Hätten wir ihm den Himmel-Preis nicht schon verliehen – spätestens heute wäre es dafür Zeit.

Wobei die kleine VG-Wort-Arbeitsgruppe innerhalb der Freischreiber sich noch mal die offiziellen Verlautbarungen der VG Wort vorgenommen hat. Freischreiber Oliver Eberhardt fasst seine Einschätzung so zusammen: „Vorsicht, Kreisverkehr! Die VG Wort wird also zum einen die sehr hohen Rückstellungen beibehalten, die sie in den vergangenen Jahren schon gebildet hat. Hinzu kommen nun Rückstellungen in der Höhe des Gesamtbetrages, der nun an die Urheberinnen und Urheber als Nachzahlung aus der Verlegerbeteiligung ausgeschüttet werden soll. Nun ist es so, dass das Geld für diese Rückstellung in die regulären Ausschüttungen einfließen würde, wenn es die Rückstellungen nicht gäbe. Damit fallen diese regulären Ausschüttungen nun erst einmal geringer aus, als sie es ohne die Rückstellung wären. Betroffen zu sein scheint unter anderem der Bereich Texte im Internet; man wird hier genau darauf achten müssen, ob in diesem Bereich die Quoten im kommenden Jahr niedriger ausfallen, und was die Gründe dafür sind. Sollte das Bundesverfassungsgericht das BGH-Urteil kippen, würde die VG Wort wohl hingehen, die Verlegerbeteiligung aus den Rückstellungen bedienen, wozu sie übrigens im Fall der Autorinnen und Autoren trotz der bereits bestehenden Rückstellungen nicht bereit war. Dann würde sie das nun zu zahlende Geld von uns zurückfordern, und die Rückzahlungen müssten dann wohl wieder dort eingestellt werden, wo sie ursprünglich herkamen, und von dort wieder an die Autorinnen und Autoren ausgeschüttet werden, wenn der VG Wort nicht etwas Neues einfällt.“
 
Außerdem: die EU und das kommende neue Urheberrecht
 
Denn im kommenden Jahr will die EU das Urheberrecht sozusagen auf neue Füße stellen. Was das für frei schreibende Journalisten und Journalistinnen bedeutet, warum eine Reform einerseits gut und richtig ist, welche Passagen im vorliegenden Entwurf andererseits fragwürdig sind (der Artikel 12 etwa!), was das für die Verteilungsmodalitäten der VG Wort mit sich bringen könnte und für welches Urheberrecht sich Freischreiber einsetzen wird, das haben wir hier in der nötigen Ausführlichkeit einmal dargelegt (am besten ganz in Ruhe lesen, einen Becher Tee oder Kaffee zur Unterstützung nebenbei …). Ein Themenfeld auch, das uns alle 2018 beschäftigen wird.
 
Freischreiberiges
 
Da gibt es erst mal Glückwünsche: Denn beim Reporterpreis wurde in der Kategorie „Bester freier Reporter/ beste Reporterin“ Freischreiberin Emilia Smechowski ausgezeichnet. Ihr wirklich schöner Text findet sich hier und wartet darauf, gelesen zu werden.

Auf das Projekt der RiffReporter hatten wir aus gutem Grund schon mal hier und da hingewiesen. Nun kommt ein weiterer hinzu: eine komplexe wie spannende Strecke zum Sujet des Museums von Freischreiberin Carmela Thiele. Und nicht zuletzt wurden die RiffReporter vom „medium magazin“ zu den Wissenschaftsjournalisten des Jahres gekürt! Oder wie es in der Begründung heißt: „Was Christian Schwägerl und Tanja Krämer da mit RiffReporter auf die Beine gestellt haben, sucht ihresgleichen: eine Genossenschaft mit Plattform für Wissenschaftsjournalisten.“ Wir gratulieren!
 
Freischreiberin Silke Burmester hat derweilen in Frauenzeitschriften geblättert und musste feststellen: „Jahrzehntelang hatten Zeitschriften sehr erfolgreich damit Geld verdient, dass sie Leserinnen nahelegten: Ich forme mein Ich durch die Dinge, die ich erwerbe; jetzt wollen Verlage auch dadurch Geld verdienen, dass ihre Zeitschriften die Losung ausgeben: Ich forme mein Ich durch Verzicht. Ich finde mein Glück im Einfachen. Und weil die moderne Frau vom vielen Klimbim, den Kindern, dem Mann und dem Internet ganz wuschig ist, braucht sie dafür Anleitung.“ Es wird niemanden überraschen: „Flow“ und „Hygge“ und „Lena“ kommen nicht ganz so gut weg …
 
Auf der Männerseite ist dagegen zu vermelden: ERNST, das Magazinprojekt von Freischreiber Frank Keil, hat sein erstes Jahr heil überstanden. Michalis Pantelouris vom Blog Uebermedien hat sich die letzte Ausgabe angeschaut und sagt: „Ich finde an diesem Heft fast alles falsch, aber auf so konsequent grandiose Art umgesetzt, dass am Ende ein wirklich tolles, eigenes, verqueres, großartig unbequemes Heft draus wird.“
 
Und schon mal zwei Blicke ins Frühjahr: Kathrin Hartmann wird nach einigen Büchern mit einem neuem Buch und einem Film aufwarten. „The green lie“ erzählt von den vielfältigen Versuchen der Industrie und des Handels, uns eine schöne, heile Bio-Welt vorzugaukeln, die selbstverständlich auch nachhaltig ist, irgendwie. Kinostart ist der 9. März. Hier kommt schon mal der Trailer.

Und Freischreiberin Franziska Walser ist schon kräftig am mitorganisieren, dass der sogenannte Freientag der eben freien ARD-Rundfunkleute am 20. und 21. April in Bremen gut über die Bühne geht.

Dies & das
 
Die deutsche Journalistenschule widmet sich in einer flotten Multimedia-Produktion einer besonderen Randgruppe: den Rauchern. „Die Musik umhüllt sie, Nikotin und Alkohol machen ihre Köpfe leicht. Nichts reden, nichts denken. Rauchen, Jimi Hendrix hören, Bier trinken. Draußen ist ganz weit weg.“ Oder auch: „Rauchen ist ästhetisch, ja. Für mich hat es etwas Cineastisches. Es sieht gut aus, wie die Rauchschwaden hochfliegen. Ich denke da immer an Nächte, die zu lang sind, an Zeiten, die sich in dem Moment schon mehr nach Vergangenheit anfühlen.“
 
Warum beim diesjährigen Reporterpreis – sagen wir mal – nicht ganz so viele Frauen dabei waren, hat Peter Weissenburger auf der Medienseite der Taz beschäftigt: „Vielleicht muss man dem gesellschaftlichen Wandel die Zeit geben, die er braucht. Heißt es immer wieder, wenn es um Gleichberechtigung geht. Vielleicht dauert es aber auch viel zu lange, bis bei allen Beteiligten die Groschen gefallen sind. Bei der diesjährigen Verleihung des Reporterpreises konnte man so eine Zeitlupen-Groschen-Lawine live miterleben.“
 
Und ja, es gibt ein Startdatum für das sagenumwobene Project R aus der Schweiz: „Es ist der 15. Januar 2018, Punkt sieben Uhr morgens.“ Und ja, wir sind auch gespannt, wie das Magazin dann wird. Sogar sehr. Was das Project R vorab aus seinem Inneren berichtete, das lässt sich unmöglich kurz zusammenfassen. Und wir verweisen einfach nur auf den Newsletter vom Project R, dem gegenüber dieser Newsletter hier nur eine Kurzmeldung ist und der einiges vom zu erwartenden kreativen Irrsinn der kommenden Wochen verrät. Ansonsten schaue man hier.
 
Manchmal ist ja hilfreich zu fragen: Wie machen das eigentlich andere? Also mit dem Geld, mit Honoraren und Pauschalen. Hier ein Blick auf die Empfehlungen des Berufsverbandes freiberuflicher Kulturwissenschaftler, nur mal so als Orientierung: „Für wissenschaftliche Tätigkeiten, Beratung und Forschung sowie für praktische Tätigkeiten wie z. B. Text- und Bildredaktion wird ein Stundensatz von 60 bis 80 Euro netto empfohlen. Für praktische Tätigkeiten wie Recherche, Lektorat oder Öffentlichkeitsarbeit wird ein Stundensatz von 40 bis 60 Euro netto empfohlen.“

Und: „Ist das Budget des Auftraggebers gering, sollte eher ein reduzierter Leistungsumfang angeboten werden, statt das Honorar nach unten zu verhandeln. Grundsätzlich sollte von Freelancern zudem keine unvergütete Leistung erbracht werden – auch nicht im Kulturbereich. Dies gilt auch für Konzepte, deren Umsetzung letztendlich nicht beauftragt, sondern von der Institution selbst umgesetzt wird. Auch diese Konzeptentwicklung müsste bereits vergütet werden.“
 
Und die jungen Kollegen und Kolleginnen?
 
Wenn man so ganz am Anfang steht, tausend Fragen im Kopf hat, KSK und Steuer und Versicherungen und was man an Honoraren wann verlangen kann, dann hilft sicherlich der Neuschreiber-Crash-Kurs in 30 Tagen des Freischreiberkollegen Steve Przybilla. Okay – man muss Mitglied bei den Freischreibern sein. Aber das lässt sich ja einrichten und ist ohnehin eine gute Idee …
 
Preise & Ausschreibungen
 
Das journalists network bietet im kommenden Jahr drei Reisen nach Afrika an. Zunächst geht es im Februar in den Senegal: „Westafrika steht im Zentrum vieler Entwicklungen, die uns in Europa Sorgen bereiten: Migration, Terrorismus, Epidemien, Ernährungssicherheit. Auf der Suche nach der lokalen Sicht auf diese Probleme reisen wir Anfang Februar in den Senegal. Im Gespräch mit Politikern, Aktivisten, NGOs, Experten und Bürgern erkunden wir die Verflechtungen zwischen Europa und Westafrika, gemeinsame Interessen und Meinungsunterschiede, aber wir wollen auch nach Lösungsansätzen suchen. Dabei interessieren uns vor allem die Themen Armutsbekämpfung, Gesundheitspolitik und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.“ Und weiter: „Zehn Kolleginnen und Kollegen können an der elftägigen Recherchereise teilnehmen. Wer von einer Redaktion geschickt wird oder hauptsächlich für diese Beiträge verfasst, zahlt 850 Euro. Selbstzahler, Volontäre und Journalistenschüler zahlen 720 Euro. In den Kosten enthalten sind Flüge, ein gemeinsames Programm inklusive Transport sowie Unterkunft (DZ, ggf. Mehrbettzimmer mit Frühstück). Der Abflug erfolgt ab Frankfurt, die An- und Abreise von und zum Flughafen ist von jedem Teilnehmer selbst zu tragen.“ Bewerbungsfrist ist der 14. Januar.
 
Und noch mal geht es nach Afrika: „Im Rahmen des seit 2007 bestehenden Medienpreises „Weltbevölkerung“ finanziert die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) bis zu fünf Recherchereisen nach Afrika südlich der Sahara. Damit soll es Journalisten, Bloggern und YouTubern ermöglicht werden, Beiträge zum Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdynamiken, Entwicklung und Gesundheit in Afrika südlich der Sahara zu recherchieren und zu veröffentlichen. Nachwuchsjournalisten können sich für einen Sonderpreis bewerben.“ Informationen gibt es hier.
 
Der Medienpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung wiederum widmet sich dem Lokalen: „Der Preis spricht nicht nur gut ausgerüstete Großstadtredaktionen an, auch Lokalredaktionen mit knapper Besetzung bekommen ihre faire Chance. Bei der Preisvergabe berücksichtigt die Jury diese Unterschiede in der redaktionellen Ausstattung.“ Alles Weitere hier, denn Einsendeschluss ist der 31. Januar.
 
Und auch der Theodor-Wolff-Preis ist ausgeschrieben. Das Thema des Jahres lautet diesmal: „Heimat und die Fremden“. Einsendeschluss ist auch hier der 31. Januar.
 
Feste & Feiern
 
Und nicht zuletzt, wo die Altmodischeren unter uns und Ihnen jetzt den Jahreskalender aus Papier und Umschlag neu bestücken, schon mal ein Termin, den man sich eintragen sollte: Denn Freischreiber wird zehn Jahre alt. Und feiert in Berlin. Am 17. November, der ein Samstag ist!
Okay – das ist noch etwas hin. Aber merken kann man sich den Termin ja schon mal.
 
So. Das war’s schon wieder. Wobei wir auf einen schönen Rausschmeißer einfach nicht verzichten können. Den wir unserem Partnerverband Freelens entnehmen, der in einem Interview den freien Fotojournalisten Christoph Bangert befragt. Denn der hat vor einiger Zeit seine Profile in den sozialen Medien gelöscht, hat „digitalen Selbstmord“ begangen und erzählt von seinen Erfahrungen: „Mich hat es schockiert, wie schwer es mir gefallen ist, meine Profile zu löschen. Es war unglaublich schwer, wochenlang habe ich mit mir gehadert. Und gerade das hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Warum ist es so schwer, beim Angebot einer privaten Firma nicht mehr mitzumachen?“ Und weiter: „Wenn man ein paar Wochen von Facebook & Co. weg ist, fühlt es sich an, als hätte man mit dem Rauchen aufgehört. Die Online-Sucht ist unsere Volksdroge. Wir verpassen sowieso das allermeiste, was auf dieser Welt passiert. Die sozialen Medien erwecken den Anschein, dass wir nichts verpassen, dass wir dabei sind, dass wir up to date sind. Wenn man sich klar gemacht hat, dass dem nicht so ist, dann ist es nicht mehr so schlimm.“
 
In diesem Sinne (und bleiben Sie dabei und uns gewogen)
Ihre
:Freischreiber

 

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Die Europäische Union macht das Urheberrecht fit fürs digitale Zeitalter. Eigentlich eine gute Sache. Doch nicht alle Änderungen sind auch im Sinne der Urheber. Freischreiber beantwortet die wichtigsten Fragen zur EU-Reform – und erklärt, was Autoren tun können.

Freischreiber wünscht schöne Feiertage und einen guten Rutsch ins neue Jahr.


Der Neuschreiber-Crash-Kurs

Für Mitglieder: Du bist neu im freien Journalismus? Willst dich sofort in aufregende Recherchen stürzen? Hier gehts mitten rein. Vorstandsmitglied Steve Przybilla hat diesen Crash-Kurs für Dich. In sieben E-Mails bekommst Du beste Informationen für Deinen Einstieg in den freien Journalismus.

Im nächsten Jahr wird Freischreiber schon 10! Termin zum Vormerken: 17. November 2018 – Workshops, Preisverleihung und Feierei im Ballsaal Studio in Berlin

Service für Mitglieder: Checkliste für Verträge mit Tipps vom Freischreiber-Anwalt. (Login)

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