[Der :Freischreiber-Newsletter]

vom 24.04.2018

Liebe Freischreiber, liebe Kolleginnen und liebe Freunde von Freischreiber,

es ist doch jedes Jahr aufs Neue ein Phänomen: Kaum guckt man mal zwei Tage nicht richtig hin, stehen plötzlich alle Bäume in Blüte. Auch bei uns schießen die Nachrichten ins Kraut, wenngleich weniger lieblich. Zwar war gestern noch der Welttag des Buches und des Urheberrechts, heute jedoch wird es finstere Gesichter geben. Einige Hundert Amazon-Mitarbeiter wollen in Berlin dagegen protestieren, dass ihr Chef Jeff Bezos einen Preis bekommt: den Axel Springer Award 2018. Dieser wird laut Pressemitteilung des Springer-Verlags an „herausragende Persönlichkeiten“ verliehen, „die in besonderer Weise innovativ sind … und sich gleichzeitig ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen“. Dabei kämpfen Verdi und ein Bruchteil (!) der Beschäftigten seit geschlagenen fünf Jahren darum, dass Bezos sich für diese gesellschaftliche Verantwortung nicht nur loben lässt, sondern sie auch mal wahrnimmt: etwa in Form eines Tarifvertrags für seine Mitarbeiterinnen.

Morgen, am 25. April, können sich Schnellentschlossene noch zum Berliner Mediensalon ins taz-Café begeben. Da geht es um eine „Reform ohne Freunde“ – das kann nur die Neugestaltung des EU-Urheberrechts sein. Und so ist es (zur Erinnerung: Diese Reform will unter anderem die bei Urheberinnen unbeliebte Verlegerbeteiligung an VG-Wort-Tantiemen festschreiben). Auf dem Podium sitzen die Europa-Parlamentarierin Julia Reda von der Fraktion Grüne/EFA, der Urheberrechtsanwalt Dr. Till Kreutzer und weitere illustre Gäste. Die Journalistin Tina Groll von Zeit online moderiert. Für Freischreiber will Ex-Vorstand Henry Steinhau Augen und Ohren offen halten.

Wo wir gerade bei Daten sind: In einem Monat, also ab dem 25. Mai, gilt ja unwiderruflich die europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die alle betrifft, die eine Website betreiben. Wer sich noch einmal gründlicher informieren möchte, kann sich die Sendung „Neue Regeln für den Journalismus“ bei Deutschlandfunk Nova anhören. Da beantwortet Rechtsanwalt Philip Lüghausen aus Düsseldorf eine Stunde lang Fragen, die freie und angestellte Journalistinnen zur DSGVO bewegt. Einiges lässt sich auch auf dem Blog der freien Journalistin und Buchautorin Bettina Blaß aus Köln nachlesen. Und am Mainzer Medieninstitut gibt es am 27. April eine Nachmittagsveranstaltung zum sogenannten Medienprivileg, das Journalisten und Redaktionen weitgehend von Datenschutzbestimmungen freihält, um unabhängige Pressearbeit überhaupt erst zu ermöglichen.

Unter dem Motto „Wir sind so frei“ haben sich Freie, die für die ARD arbeiten, am 20. und 21. April bei Radio Bremen getroffen. Dabei ging es vor allem um die Themen Honorare, Absicherung und Mitbestimmung. Denn Freie arbeiten bei den öffentlich-rechtlichen Sendern oft nicht selbstständig, sondern als „arbeitnehmerähnliche Mitarbeiter“ – die ähnliche oder sogar die gleichen Aufgaben, dabei aber weniger Rechte als die Angestellten haben. Diese Rechte unterscheiden sich bei den einzelnen Sendern erheblich. Daher ist es wichtig, sich auszutauschen. Trotz allem haben nur rund 100 ARD-Freie an dem Kongress in Bremen teilgenommen – bei immerhin rund 18.000 arbeitnehmerähnlichen Mitarbeiterinnen und zusätzlich mehreren Tausend Selbstständigen. Ein Grund mehr, sich im nächsten Jahr beim MDR in Leipzig zu treffen und „mehr Respekt und Rechte für Freie“ zu fordern, wie hier auf der Website der ARD-Freien.

Vom „kommunikativen Klimawandel“ handelt ein Interview auf boersenblatt.net mit dem Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen, der ein Buch über „Die große Gereiztheit“ geschrieben hat. Darin geht es um die Utopie einer „redaktionellen Gesellschaft“, in der die Leitlinien des Qualitätsjournalismus – sei skeptisch! Prüfe deine Quellen – zu einem gesellschaftlichen Wertegerüst werden. Aber der Weg dahin ist lang und beschwerlich, denn Pörksen sagt auch: „Wir sind unseren Medienmöglichkeiten mental noch nicht gewachsen.“

Vom Wachsen spricht auch das Schweizer Onlinemagazin Republik in einer ersten Bilanz an seine rund 18.500 Verleger (= Abonnenten) drei Monate nach dem Startschuss. „Wir sind – wahrscheinlich aus Nervosität – ein wenig zu erwachsen auf die Welt gekommen“, heißt es da selbstkritisch. Einen kritischen Blick von außen auf die Republik gibt es hier.

Freischreiberiges

Das frühere Freischreiber-Vorstandsmitglied Henry Steinhau hat seine Jugendliebe nie vergessen: das „Quartier Latin“ in der Potsdamer Straße. Das war ein legendärer Musikladen in den Siebziger- und Achtzigerjahren, in dem die Eurythmics spielten, Nena und auch Chet Baker. Nach vielen Jahren der Planung, des Verwerfens und Doch-nicht-vergessen-Könnens bringt Steinhau mit dem Fotografen Marco Saß nun endlich das Buch zum „Quartier Latin“ heraus. Die Release-Party findet im September statt, das Crowdfunding zu Buch und Party startet Anfang Mai.

Wir drücken die Daumen: Freischreiberin Sonya Winterberg ist mit ihrer Partnerin Sylvia Nagel für den Deutsch-Französischen Journalistenpreis nominiert, in der Kategorie Video für die Dokumentation „Kinderhandel – mitten in Europa“. Der Beitrag, der im Februar auf Arte lief, begibt sich auf die Spuren von Menschenhändlern, die Kinder aus Osteuropa und Afrika in der EU verkaufen.

Preise & Stipendien

Ein ungewöhnliches Stipendium vergibt das Dart Center for Journalism and Trauma: 16 freie Journalisten können sich in einem Vier-Tage-Seminar beibringen lassen, wie man einigermaßen gesichert aus Krisengebieten berichtet: „Reporting safely in crisis zones“ heißt der gebührenfreie Kurs, der vom 18.–21. Oktober in New York City stattfindet. Die Teilnehmerinnen müssen allerdings ihre Reise- und Unterbringungskosten selbst tragen. Bewerbungsschluss ist am 4. Mai, Bedingung: fließend Englisch beherrschen. Näheres hier

Das Deutsch-Osteuropäische Journalistenstipendium, auch Marion-Gräfin-Dönhoff-Stipendium genannt, sucht noch deutsche Bewerberinnen, die allerdings Russischkenntnisse haben sollten. Auch wenn schon Bewerbungsschluss war: trotzdem versuchen. Fünf deutsche Journalisten bis 35 Jahre erhalten die Möglichkeit, zwei Monate lang in einer osteuropäischen Redaktion zu arbeiten. Hier geht’s zur Bewerbung.

Die Deutsche Telekom Stiftung vergibt auch in diesem Jahr ihren Medienpreis Bildungsjournalismus. Bewerben können sich bis zum 31. Mai alle freien und festangestellten Journalisten deutschsprachiger Medien, die über Bildung und Bildungspolitik berichten. 

Der Otto-Brenner-Preis will kritischen Journalismus fördern und vergibt dafür Preise in mehreren Kategorien sowie drei Recherchestipendien. Die Beiträge müssen zwischen dem 1. Juli 2017 und dem 30. Juni 2018 zum ersten Mal publiziert oder ausgestrahlt worden sein. Der Bewerbungszeitraum endet am 30. Juni. Weitere Infos und Bewerbungsformulare finden sich hier.

Das war’s schon wieder von uns. Auch wenn der Tag der Fehler noch in weiter Ferne liegt – die Amerikaner feiern ihn am 15. August –, kommt hier schon mal eine Kostprobe, eine Art Dinosaurier-Version von #MeinGrössterFail. Denn die Versprecher-Serie um eine Örbohl-, nein Orböhlinsel ist wirklich nicht mehr die Jüngste, aber immer noch unerreicht gut. 

Bis bald

Ihre :Freischreiber

 

 

 

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Noch mehr MUTmuskel-Training ist in Planung für Ende Mai. Diesmal in Frankfurt/Main. 

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