Freischreiber www.fuer-die-Zeit.de

vom 20.02.2014

Liebe Kollegen und Kolleginnen,

na, mal wieder im Kino gewesen? Dabei geweint, wie es diesem Kafka oft erging? Oder haben Sie sich zumindest verwundert die Augen gerieben über einen dieser Spots vor dem Hauptfilm: Wichtige Journalisten und Journalistinnen der wichtigen Wochenzeitung "Die Zeit" sinnieren in Videoclips sinnhaftig über wichtige Fragen zum Sinn, zur Wahrheit, aber auch zur Zukunft des Journalismus und fahren dabei Fahrrad, wandern durch einen Wald oder zerpflücken mit großen Gesten eine Zeitung, die "Die Zeit" sein dürfte.
Uns haben diese Filme sehr inspiriert. Denn: "Freischreiber, der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, begrüßt die Kino-Kampagne der Wochenzeitung "Die Zeit" ("Ich schreibe für die Zeit"), die am Donnerstag bundesweit startete. Die Wochenzeitung wirbt in Printanzeigen und im Kino "für die Zeit". Wir begrüßen das Ansinnen, Menschen und Bedingungen zu zeigen, die Qualitätsjournalismus schaffen. Deshalb haben wir die Kampagne um fünf eigene Filme ergänzt. "Gerne nehmen wir diese Einladung an. Lassen Sie uns gemeinsam für Autoren und faire Produktionsbedingungen im Journalismus werben", nimmt unser Vorsitzender Benno Stieber den Ball auf. Und – wie wir Freischreiber so sind – haben wir im Handumdrehen fünf freie Kollegen und Kolleginnen zusammengetrommelt, fünf Drehbücher geschrieben, die Kamera geschultert, ebenfalls schöne Orte gefunden und ebenfalls fünf Filme produziert, die einen vermutlich etwas anderen Blick auf die Bedingungen werfen, unter denen Journalismus entsteht. Sehen Sie also Freischreiber Jacob Vicari als Krisenreporter auf dem weiten Weg nach Kabul. Folgen Sie Freischreiber Bertram Weiß bei seiner Suche danach, wo sich denn die Whistleblower versteckt halten. Setzen Sie sich zu Freischreiberin Gunthild Kupitz ins Taxi; unterwegs, damit ihr Geschichten vor die Füße fallen. Erleben Sie Freischreiberin und Barkassenführertochter Silke Burmester auf einer Elbfähre als Gerechtigkeitskämpferin. Und erfahren Sie mit Freischreiber Björn Erichsen, wie es ist, Andrea Mercel morgens um acht Uhr zum Frühstück einladen zu wollen. Das alles findet sich nacheinander hier. Und nun, erst mal viel Spaß!

Alles gesehen?

Dann folgt jetzt

Dies und Das

Ob es klug ist, in einem Artikel über die prekären Arbeitsbedingungen von Journalisten und Fotografen seine Protagonisten "Sabine Schreiberling" und "Hansi Knipser" zu nennen, das sei mal sehr dahin gestellt. Jedenfalls hat sich der "Flurfunk Dresden" die Mühe gemacht, und die Situation freier Journalisten und freier Fotografen auf dem Feld sächsischer Regionalzeitungen recherchiert. Das Ergebnis präsentiert sich als ein Geflecht unterschiedlicher Stimmen: "Die Tageszeitungen bekommen doch jetzt kaum noch mit, was im Umland passiert, weil sie einfach keine Leute mehr vor Ort haben, die für sie arbeiten. Wenn das so weiter geht, gehe auch ich bald nicht mehr ans Telefon, wenn die Redaktion bei mir anklingelt", lautet eine Stimme. "Für mich ist es mittlerweile eine reine Imagesache, für die Tageszeitungen zu arbeiten. Da ich auf den Terminen öfter mit Politikern und Unternehmern in Kontakt komme, subventioniere ich mir die Geschichte dann quer", lautet eine andere; die aber offen lässt, was das für eine Art der "Subvention" dann ist. Auch Honorare werden genannt: 20 Euro für 2.000 Zeichen, acht Euro für ein Foto, bei Mehrfachverwertungen wird ein "Entschädigungshonorar" von zehn Euro gezahlt. Armes Sachsen.

Die Zeitungen, besonders die kleinen Zeitungen haben keine Zukunft – ja, ja, das kennen Sie, das haben Sie oft genug gehört. Schauen Sie also (wir sind heute sehr visuell gestimmt) Frank Spiegel vom "Westfalen-Blatt" in den kommenden elf Minuten zu, der „ums Verrecken nichts anderes machen will", als Lokaljournalismus: hier. „Es sind die vielen kleinen Geschichten, das Menschliche, das Miteinander, was beim Lokaljournalismus so spannend ist", sagt Spiegel. Und wir möchten ihm da keinesfalls widersprechen, auch weil der Mann so gut gelaunt durch die Welt schreitet, was einfach ansteckend ist.

Wie der freie Lokaljournalist Volker Thies, unterwegs im Rhein-Main-Gebiet, mit einem Mix aus Journalismus und PR klar kommt, schildert dagegen der aktuelle "Journalist": "Heute verdient Volker Thies ungefähr so viel wie im ersten Redakteursjahr nach seinem Volontariat. Bei einem Arbeitspensum von 50 bis 55 Stunden pro Woche. Was auch daran liegt, dass er Energie in ein eigenes Webprojekt steckt. Auf vtaktuell.net veröffentlicht er Polizeimeldungen aus Westerwald und Taunus, verweist auf eigene Berichte in den Regionalblättern und veröffentlicht Fotos von Veranstaltungen, die seine Auftraggeber nicht abgedruckt haben. Mittlerweile kommen fast 500 Besucher pro Tag auf seine Seite. Kürzlich ist eine PR-Agentur so auf ihn gestoßen und hat ihn gebucht. "Für mich ist das ein Experiment", sagt Volker Thies. Auch wenn er dafür wieder einmal den Feierabend opfern muss."

 

Preise

Der Alternative Medienpreis prämiert auch dieses Jahr Beiträge aus den Sparten Print, Internet, Audio/Hörfunk und Video/Film. Außerdem gibt es einen Preis für die Sparte Medienkritik. Die Preise sind dem sozio-kulturellen Kontext entsprechend mit je 500 Euro dotiert. "Teilnehmen können alle, die journalistisch tätig sind bei nicht kommerziellen Medien, Medien, die sich aus neuen sozialen Bewegungen entwickelt haben, klassischen Medien sowie Medien, die mit ihrer Arbeit emanzipatorische Ziele verfolgen", so heißt es im Ausschreibungstext. Anmeldeschluss ist der 31.März, und man kann sich nur online bewerben: hier.

 

Seminare

Auch dieses Jahr bieten die Grimme-Akademie und der Deutschlandfunk in Köln für Nachwuchsjournalisten ein viertägiges Kompaktseminar mit dem Titel "Über Medien informieren und Schreiben" an; es geht also um Medienjournalismus. Neben theoretischem Input durch erfahrene und renommierte Referenten aus Hörfunk, TV, Print und Online, werden die Teilnehmer auch bei praktischen Übungen gefordert. Termin: 13. bis 16. April. Kosten: 175,- Euro, plus eigene Anreise. Bewerbungsschluss: 9. April. Mehr hier.
 

Befragungen

Markus Beus, Journalistikstudent aus Hamburg führt gegenwärtig für seine Masterarbeit eine Online-Befragung zum Thema "Crowdfunding im Journalismus" durch: "Welche Chancen birgt Crowdfunding für den Journalismus? Wie bewerten Journalisten im Land den Hype rund um die Schwarmfinanzierung?", so fragt er. Wer sich generell daran beteiligen möchte, klicke hier. Wer noch dazu Erfahrungen mit Crowdfunding gemacht hat, kann sich hier einklinken.

So. Das war's schon wieder. Wir hoffen, es war etwas Lehrreiches, Anregendes, Lustiges, Nachdenkenswertes und vor allem Sehenswertes für Sie dabei.

In jedem Fall wünschen wir: eine gute Woche!
Ihre Freischreiber

FREISCHREIBER TERMINE

HAMBURG
Ein Abend mit Substanz gibt es am 24.Februar um 19.30 Uhr in Hamburg – und zwar im "Oberstübchen",
 das direkt am Hamburger Fischmarkt über dem Golden Pudel Club liegt. Bei ihrem nächsten Stammtisch befassen sich die dortigen Freischreiber mit der zunehmend wichtiger werdenden Frage: Wie lebt es sich eigentlich als Medienmogul? Auskunft darüber geben Dennis Dilba und Georg Dahm. Die beiden Wissenschaftsjournalisten haben den Untergang der FTD (Georg Dahm), und kurz darauf des New Scientist (beide) miterlebt – und beschlossen sich selbst als Verleger zu versuchen und bereiten gerade via Crowdfunding das Erscheinen des ersten digitalen Wissenschaftsmagazins vor: "Substanz" . Wer da zu hören will, möge sich bitte bei Björn Erichsen unter bjoern.erichsen(ät)gmail(dot)com anmelden.

FRANKFURT
Am Dienstag, 25. Februar um 19 Uhr findet der nächste Themenabend zum Online-Publishing statt: Einfach selber machen? Lokal-, Stadt- oder Kultur-Magazin Online – was braucht man, was kostet und was bringt das? Diesmal mit zwei Referenten aus den eigenen Reihen: Julian Heck wird seinen Hyperlokalblog weiterstadtnetz vorstellen und Andrea Pollmeier, das Online Kultur-Magazin faustkultur.
Ort: preiserconsorten – Büro für Qualitätsjournalismus; Ostbahnhofstraße 15; 60314 Frankfurt am Main.
Auch (Noch-)Nichtmitglieder sind herzlich eingeladen! Mehr bei Sylvia.Meise (a t) t-online.de

BERLIN
Die Berliner Freischreiber treffen sich das nächste Mal am Mittwoch, 12. März um 19 Uhr 30 an Gemmas Wohnzimmertafel. Zu Gast ist diesmal der Arbeitsforscher Prof. Dr. Dr. Ayad Al-Ani mit dem wir über die Zukunft freiberuflicher Arbeit sprechen wollen. Seine These ist, dass Unternehmen immer stärker externe Talente und Fähigkeiten von außen nutzen müssen, um in der globalisierten Wirtschaft zu überleben mehr hier.  Wir wollen deshalb mit ihm diskutieren, was diese Veränderungen der Arbeitswelt für unsere Branche und die Weiterentwicklung des Journalismus bedeutet. Vorstandsmitglied Carola Dorner erzählt außerdem von den jüngsten Freischreiber-Aktivitäten. Anmeldungen an: gemma.poerzgen@gmx.net