Nach dreijähriger Pause erscheint diesen Sommer ein neuer Honorarreport. Dazu werten Jan und Karen aus dem Vorstand ab März die Daten des Honorartools aus. Uns interessiert 2024 insbesondere: Wie haben sich die Honorare vor und nach Corona entwickelt? Bekommen selbstständige Frauen und Männer „das gleiche Geld“? Wie unterscheiden sich die Honorare zwischen regionalen und überregionalen Medien – und wie zwischen Zeitungen und Magazinen?

Damit der Honorarreport Wumms bekommt, brauchen wir eure Daten, viele Daten. Nur so können wir Ungerechtigkeiten sichtbar machen und Argumente für faire Honorare liefern. Deswegen bitten wir euch:

Pflegt spätestens bis zum 28. Februar eure Honorare ein – am besten jetzt sofort!

Den fertigen Bericht gibt es im Sommer. Während wir die Badehose einpacken, können sich die Auftraggeber:innen dann schön warm anziehen.

Zwei Partner setzen ein Zeichen für mehr Transparenz im Journalismus: der Medienfachverlag Johann Oberauer GmbH und wir Freischreiber. „Wir bauen gemeinsam die umfassendste Datenbank für Honorare und Gehälter in der deutschsprachigen Medienbranche auf“, sagt unsere Vorstandsvorsitzende Sigrid März.

Die Idee hat mehrere Wurzeln: 

Seit 2018 sammelt Freischreiber anonyme Honorardaten auf dem Portal „Was Journalisten verdienen“. Der Oberauer-Verlag veröffentlicht regelmäßig Gehaltsreports in seinen Medien. Nun sammeln wir zusammen: Freischreiber auf wasjournalistenverdienen.de, Oberauer über Marken wie mediummagazin.de und newsroom.de. Die erhobenen Infos füllen dieselbe Datenbank; es entsteht eine zuverlässige Orientierungshilfe für Journalistinnen und Journalisten.

Worum geht’s?

Das Honorartool ist ein Werkzeug. Hier tragen Freie und Feste anonym ihre Honorare und Gehälter ein und vergleichen sie – egal, ob sie für Print, Radio, TV oder Online-Medien arbeiten.

Ein Mitmach-Projekt, das so gut oder schlecht funktioniert, wie ihr euch daran beteiligt. 

Oberauer und Freischreiber stellen die Ergebnisse des Tools zur freien Verfügung. Die Idee: Journalistinnen und Journalisten recherchieren vor Verhandlungen übliche Honorare oder Gehälter. Das stärkt ihre Position und trägt zu einer gerechten Entlohnung bei. Außerdem setzt es Verlage und Medien unter Druck, die ihre Redakteurinnen und freien Autoren besonders schlecht bezahlen, was durch das Tool sichtbar wird. 

Wieso das alles?

Journalismus ist eine Leidenschaft, für viele ein Traumberuf. Über Gehälter und Honorare aber sprechen die wenigsten Kolleg*innen. „Schluss damit!“, fordern wir Freischreiber. „Die Umbrüche der Branche betreffen Feste wie Freie, Ältere und Jüngere. Nur wer Honorare und Gehälter der anderen kennt, wirtschaftet erfolgreich.“ Unsere Partnerin Verena Oberauer sagt: „Diese Transparenz hilft der ganzen Branche!“

Und jetzt?

Jede Datenspende macht die Basis belastbarer. Deshalb:

Hilf mit, füttere das Tool mit Daten. Und: Rede über Geld!

Presseanfragen:

Per Mail an Freischreiber e. V. oder an den Oberauer Verlag.

Im November verschickten wir Freischreiber einen offenen Brief an mehr als 370 Tages- und Wochenzeitungen, Online-Medien und Magazine in Deutschland. Unsere Forderung: #15Prozent mehr Honorar für alle Freien! Warum? Als Inflationsausgleich, aber auch, weil die meisten Zeilen-, Stunden- und Tagessätze seit Jahren nicht gestiegen sind. #FreieSindMehrWert!

Was seither geschah; ein Überblick.

  1. Fast 400 freie Journalist*innen, Verbände und sogar Chefredakteur*innen haben den Brief unterzeichnet. Du noch nicht? Mail uns deinen Namen und Status, wir tragen dich ein.
  2. Bei mehreren Treffen tauschten wir uns digital und live über unsere Erfahrungen mit Honorarverhandlungen aus, etwa beim Kaminabend zu fiesen Auftraggebern, in der Radio-Frühstückspause zu Tarifverhandlungen und beim 15%-Glühwein in Bonn. Der Zuspruch war riesig, nicht nur zum Glühwein, vor allem in der Diskussion. Das hat uns begeistert. Weitere Termine folgen.
  3. Einige der rund 600 Adressat*innen des Briefs antworteten uns und zeigten Verständnis, manche sicherten sogar direkt eine Erhöhung der Honorare zu. Zugegeben: Sie waren und sind in der Minderheit. Die meisten Häuser haben das Schreiben schlicht ignoriert. Das lassen wir natürlich nicht auf uns sitzen.
  4. Im neuen Jahr gehen wir in die angekündigten persönlichen Gespräche mit Redaktionen im ganzen Land. Duette aus Vorstand und Mitgliedern treffen Auftraggeber, diskutieren, verhandeln. Du möchtest dabei sein? Mail uns!
  5. Wir gaben euch für eigene Verhandlungen Tipps und eine schriftliche Vorlage an die Hand, damit ihr mit dem Rückenwind der Kampagne auf eure Auftraggeber zugehen könnt. Viele Kolleg*innen haben das getan. Dafür ein ganz herzliches Dankeschön: Nur, wenn wir an einem Strang ziehen und von vielen Seiten unsere Forderungen stellen und erklären, haben wir Erfolg. Ihr macht das großartig – und mit teils erstaunlichen Ergebnissen.

Einige Ausschnitte:

„Ich traue mich immer erst sehr spät, mein Honorar zu erhöhen. Jetzt habe ich bei einem Auftraggeber nach drei Jahren endlich mal nachgefragt – und sogar 25% ausgehandelt! Die Freischreiber haben mir mit der 15%-Kampagne dazu den Impuls gegeben.“ (Jessica Wittmann-Naun)

„Ich bin seit 20 Jahren Musikjournalist und arbeite für viele Redaktionen. Die letzte Honorarerhöhung ist lange her – bei einzelnen Redaktionen gab es noch nie eine. Ich habe nach dem Start der 15%-Kampagne also mehrere Auftraggeber angeschrieben, den Link von Freischreiber aufgenommen und einige positive Reaktionen erhalten. Da geht noch was!” (Georg Rudiger)

„Ich habe das Gefühl, in Österreich verhandeln die Leute noch viel weniger. In Deutschland ist durch die Arbeit der Freischreiber schon viel passiert, auch im Selbstbewusstsein der freien Kolleg*innen.“ (Ruth Eisenreich)

„Natürlich habe ich immerzu gehört: Wir können nicht so viel zahlen! Dann habe ich aber zumindest in puncto Berechtigung zur Weiterverwertung verhandelt. Meist wollen die Medien ja alles exklusiv. Bei einer Zeitung konnte ich direkt am nächsten Tag nach Veröffentlichung, bei einem anderen Medium wenigstens nach 2 Wochen weiterverwerten.“ (Steve Przybilla)

„Ich habe vergangenes Jahr mein Honorar als freie Textchefin immerhin um 10 % erhöhen können. Nicht viel, aber besser als nichts. Was man nicht verlangt, kann man nicht bekommen. Danke für Eure Kampagne, die uns Mut macht, zu verlangen, was uns zusteht.“ (Barbara Esser)

Und sonst so? Zur Presseschau geht es hier entlang. Der Vorstand plant, diskutiert, macht unfassbar viele Überstunden – ehrenamtlich. Bringt euch bitte ein, um uns zu unterstützen!

Unsere Social-Media-Arbeit begleitet die Kampagne intensiv. Folgt uns (weiterhin) via Insta, Facebook, Mastodon und Twitter, um auf dem aktuellen Stand zu bleiben. Wir erreichen hier eine Öffentlichkeit, die über unsere Bubble hinausgeht. Auch mit eurer Hilfe: Danke fürs Teilen, Liken und Kommentieren.

Wir halten euch auf dem Laufenden. Eure Freischreiber

Liebe Südwest-Freischreiber,

am Mittwoch, den 13. November findet das nächste Regiotreffen in Stuttgart statt. Alle Freischreiber und Freischreiber-Interessierte sind herzlich eingeladen.

Unser Thema diesmal:

“Kontext: Wer wir sind. Was wir tun. Wie du mittun kannst.”

Die Kontext-Wochenzeitung wurde 2011 gegründet, als sich in Stuttgart die Protestbewegung gegen Stuttgart 21 formierte und kein regionales Medium über diesen Bahnhofsneubau kritisch berichten wollte. Die spendenfinanzierte, komplett werbefreie Onlinezeitung ist unabhängig von Wirtschaft und Politik. Immer mittwochs erscheint die neue Kontext-Ausgabe online. Immer samstags erscheinen einige der Beiträge gedruckt, als vierseitige bundesweite Beilage, in der taz.

In den vergangenen acht Jahren hat sich Kontext zu einem kritisch-alternativen Medium für Baden-Württemberg mit Schwerpunkt Stuttgart entwickelt und gilt inzwischen in Deutschland und darüber hinaus als Vorbild für gemeinnützigen Journalismus.

“Wir sind klassisch links-grün-versifft, aufrecht gegen Rechts, mutig, möglichst bissig, mit Lust am Wadenbeißen”, so Kontext-Redakteurin Anna Hunger. Sie wird der Ehrengast unseres Regiotreffens sein und uns erzählen, wie Kontext funktioniert, wie Kontext sich finanziert, was Kontext so tut – und wie interessierte KollegInnen mittun können.

Zeit: Mittwoch, 13. November 2019, 18:30 Uhr.

Ort: Forum Café, Gymnasiumstr. 21 (1. OG), 70173 Stuttgart.

ÖPNV: S/U Stadtmitte.

Anmeldung: Bitte bis 11. November bei Markus Wanzeck.

Eine Infrastruktur für freien Journalismus: Das hatten wir Freischreiber uns immer gewünscht. Die Freischreiber Tanja Krämer und Christian Schwägerl haben die Riffreporter gegründet. Heute sind sie Vorstände der Riff-Genossenschaft.  Das Riff wurde mit dem Netzwende-Award und dem Grimme Online-Award ausgezeichnet. Freischreiber-Vorstand Jakob Vicari hat bei Tanja Krämer nachgefragt, wie es ein Jahr nach dem Start aussieht.

(Bild: Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft/Tina Merkau) 

Verspäteter Glückwunsch zum Grimme Online Award. Geholfen, ernst genommen zu werden?

Tanja Krämer: Danke! Wir haben uns wirklich riesig gefreut! Tatsächlich haben wir das Gefühl, dass der Award noch etwas mehr zu unserer Sichtbarkeit beiträgt, vor allem, weil er auch zahlreichen LeserInnen ein Begriff ist. Aber er war auch für uns im Team und für alle Riff-AutorInnen ein großer Motivationsschub. 

Wie viele Riffreporter gibt es schon?

Tanja Krämer: Es gibt inzwischen rund 70 Autorinnen und Autoren, dazu kommen als RiffSupporter LeserInnen und Förderer, die ebenfalls Genossen geworden sind. Vieles passiert gerade im Hintergrund, weil einige KollegInnen erst interne Fragen klären oder sich um eine Startfinanzierung für ihre Projekte bemühen. Aber wir können versprechen: Auf unserer Plattform wird in den nächsten Monaten so einiges passieren.

Was überzeugt die Leser?

 Tanja Krämer: Viele LeserInnen, mit denen wir Kontakt hatten, freuen sich über die Ausgewogenheit der Artikel, auch ihre Ausgeruhtheit. Man merke, dass die AutorInnen wissen, wovon sie berichten. Das ist ja genau unser Ansatz: Die Expertise, die Freie in ihren jeweiligen Berichtsfeldern haben, wieder stärker sichtbar zu machen, eine kontinuierliche Berichterstattung zu ermöglichen, auch jenseits von aktuellen Aufhängern.

Ihr macht Journalismus für spitze Zielgruppen. Was funktioniert – und was eher nicht?

Tanja Krämer: Das ist eine gute Frage, auf die wir noch keine gute Antwort geben können. Noch sind viele der Angebote zu jung, um hier Erfahrungswerte zu ziehen. Daher bitte ich dich: Frag uns das noch einmal in einem Jahr. 

Was muss ich tun, um selbst Riffreporter zu werden?

Tanja Krämer: Du solltest eine Idee für ein journalistisches Projekt haben, von dem du überzeugt bist. Und dir Gedanken darüber machen, wen du damit erreichen willst und wie. Dann kannst du dich bei uns bewerben. Auf unserer Website gibt es alle Infos hierfür. 

Wer bei euch Autor werden will, muss erst mal zahlen. Das ist ungewöhnlich. 200 Euro Aufnahmegebühr, dazu noch mindestens 5 Genossenschaftsanteile zeichnen. Trotzdem habt ihr schon rund 70 Autoren gewonnen. Warum?

Tanja Krämer: Ja, die Anfangskosten erscheinen hoch. Aber journalistische Gründer sparen mit uns sofort sehr viel Geld, denn sie müssen keine eigene Publikationsseite programmieren lassen und sich nicht um Bezahlvorgänge und Abrechnungen kümmern. Das würde ein Vielfaches kosten. Außer dem Einstiegspreis gibt es zudem keine weiteren monatlichen Gebühren mehr, sondern nur noch eine Leistungsabgabe auf erzielte Gewinne. Und dafür bieten wir viel: Ein modernes CMS mit vielen individuellen Spielmöglichkeiten und vielfältigen und variablen Bezahlformen, die Abrechnung der Buchungen gegenüber den Lesern, die Ausschüttung der Gelder an die AutorInnen zum Beispiel. Und eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die sich austauscht, sich gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite steht und eine gemeinsame Vision verfolgt.

Wie sieht die Teamorganisation im kooperativen Journalismus aus?

Tanja Krämer: Wir haben eine Slack-Gruppe eingerichtet, auf der sich alle AutorInnen austauschen und gegenseitig unterstützen können, etwa beim Gegenlesen oder auch bei der Suche nach Experten. Außerdem gibt es inzwischen mehrere Arbeitsgruppen, die etwa Marketingideen entwickeln. Wie man die erwirtschafteten Einnahmen verteilt, kann jede Projektgruppe selbst entscheiden. Aktuell entwickeln wir hierfür ein spezielles Tool, das das Geld dann anschließend nach den festgelegten Regeln individuell ausschüttet.

Wer sollte jetzt schnell Riffreporter werden?

Tanja Krämer: Jede und jeder, die oder der eine tolle Idee und Lust hat, Teil unserer Gemeinschaft zu werden. Um so mit uns zusammen etwas für Freie zu bewegen.

Wo seht ihr Riffreporter in fünf Jahren?

Tanja Krämer: In fünf Jahren wollen wir neben dem deutschsprachigen Markt auch international auf Englisch mit unabhängigen Journalismusprojekten und internationalen Kooperationen präsent sein. Wir haben dann bewiesen, dass unser Geschäftsmodell funktioniert und dass Freie in Kombination mit ihrer Arbeit für Verlage und Sender selbst spannende, kreative und erfolgreiche journalistische Projekte realisieren können. Und dass sie damit auch Geld verdienen.

Das Netzwerk-Recherche widmet sich dem Thema Nonprofit-Journalismus jetzt mit einer eigenen Seite.
In Teil vier unserer Serie zur Gemeinnützigkeit stellen wir den Journalismusdienstleister torial vor. Torial liefert die Arbeitsproben in unseren Profilen. Torial könnt ihr live erleben am 13.3. im Freimittag und am 26.3. beim Stammtisch in Frankfurt. Marcus Jordan stellt hier die Überlegungen vor, warum torial die Gemeinnützigkeit anstrebt.

torial, die Gemeinnützig und der Journalismus

Von Marcus von Jordan
Der Journalismus wankt ja so ein wenig von Ohrfeige zu Ohrfeige – irgendwo zwischen dem verzweifelten Festhalten an alten Modellen und der manchmal nicht minder verzweifelten, wenn auch sehr spannenden Suche nach dem digitalen Messias. Ein schwieriger Wandlungsprozess, dessen erfolgreicher Ausgang für uns alle gar nicht wichtiger sein könnte. Und Erfolg heißt in diesem Zusammenhang eben nicht nur gute Geschäfte, sondern auch Unabhängigkeit und gestalterische Kraft.
Insofern ist es mehr als schlüssig und begrüßenswert, wenn in dieser Phase journalistische Projekte vom freien Markt genommen werden und zum Beispiel in der Gemeinnützigkeit die Ruhe und Zeit finden, die sie brauchen, um sich zu entfalten.

Bei torial ist das so: Wir sind schon für die Gemeinschaft nützlich und werden deshalb 2014 gemeinnützig. In welcher Form genau, klären wir gerade, aber die Entscheidung steht.

torial hat eine kleine Zielgruppe. Selbst wenn man den Beruf Journalist modern interpretiert, und das tun wir bei torial, also selbst wenn man weit über die Träger von Presseausweisen hinaus denkt und offen ist für alle neuen digitalen Ausprägungen, bleibt die Zielgruppe doch klein. Zu klein für eine erfolgreiche Kommerzialisierung auf der Basis von Nutzungsgebühren.

Die dauerhafte Finanzierung durch nur einen Geldgeber, so wie aktuell bei torial gegeben, ist aber problematisch. Einerseits ist sie unsicher, weil eben nicht breit genug aufgestellt. Außerdem ist aber der Ansatz von torial relativ „intim“ und hinsichtlich der Verwertung des hier entstehenden Netzwerks und der hinterlegten Inhalte durchaus heikel. Das gilt um so mehr, weil torial auch die Unterstützung der Verwerter, Verlage und Redaktionen will – sie sollen bei torial spontan und zielgenau journalistische Expertise finden und sich nicht etwa in ihren lizensierten Verwertungsrechten gefährdet fühlen.

Mit dem Gang in die Gemeinnützigkeit eröffnen wir uns also die Möglichkeiten, öffentliche Budgets zu nutzen, weitere Stifter zu finden und vielleicht auch zumindest freiwillige Beiträge von unseren Nutzern zu bekommen. Durch die mit der Gemeinnützigkeit verbundene und festgelegte Transparenz hinsichtlich unserer Intentionen erhoffen wir uns die Akzeptanz der Kreativen und der Verwerter im Journalismus.
Gleichzeitig werden unsere Bemühungen um eine breit aufgestellte, finanzielle Unterstützung auch zum Gradmesser für den Erfolg von torial.

Es gibt nicht viele funktionierende Medien, die gemeinnützig sind. Nichteinmal die taz hat diesen Status. In Teil 3 unserer Serie zur Gemeinnützigkeit gehen die Fragen an die kontext:wochenzeitung. Josef-Otto Freudenreich hat per E-Mail geantwortet.

Warum seid ihr gemeinnützig?
Weil wir auch Bildungsarbeit machen in Gestalt von Veranstaltungen, Seminaren und Aktionen im Blatt.

2. Welche Form hat Euer Projekt heute und warum?
Wir sind nach wie vor ein eingetragener Verein, und der war am unbürokratischsten zu gründen. Außerdem spiegelt er den basisdemokratischen Gedanken von Kontext am besten wider.

Was war die größte Hürde auf dem Weg zur Gemeinnützigkeit?
Wenn das Finanzamt überzeugt wird, dass man auch in Bildungsdingen unterwegs ist, geht das relativ schnell.

Wie finanziert ihr Euch?
Zu drei Vierteln aus Spenden (Soli-Abonnenten und Kleinsponsoren) und zu einem Viertel über Lizenzgebühren von der taz. Dafür kriegt sie wöchentlich vier Seiten Kontext.

Es gibt den Vorschlag, die Gemeinnützigkeit des Journalismus gesetzlich zu verankern. Was würde das für Euch ändern?
Ich muss gestehen, dass wir uns darüber noch keine Gedanken gemacht haben. Aber wenn ich mir vorstelle, Springer wäre plötzlich gemeinnützig…

Freischreiber Sebastian Esser startete im vergangenen Jahr Krautreporter. Seitdem wurden auf der Plattform über 172.000 Euro für Journalismus gesammelt, der sonst nicht möglich gewesen wäre. Die Crowdfunding-Plattform Startnext ist gemeinnützig, Krautreporter nicht. Warum, das erklärt Sebastian Esser in Teil 2 unserer Serie.

Warum wollt ihr mit Krautreporter nicht gemeinnützig sein?
Der wichtigste Grund ist maximale Unabhängigkeit. Geld verpflichtet, immer. Der zweitwichtigste Grund: Journalismus sollte ein Beruf sein, mit dem man Geld verdient, im besten Fall viel davon. Nennt mich einen Kapitalisten, aber unternehmerisches Denken ist ein wichtiger Antrieb und kann das auch für Journalisten sein. Drittens mag ich Formulare nicht, Bewerbungsprozesse, Auswahlgespräche. Gefördert werden selten die Guten, sondern die Bürokratiespezialisten.

Welche Form hat Euer Projekt heute und warum?
Das einer guten alten- GmbH. Das beschränkt die Haftung und hat den Vorteil, dass ich tun kann, was ich will. Andererseits: Wer sich an der Krautreporter GmbH beteiligen möchte, darf mich gern anrufen. Wir haben große Pläne.

Was war die größte Hürde, die der Gemeinnützigkeit im Weg stand?
Ich war schon weit und hätte die Gemeinnützigkeit bei der netten Dame auf dem absurd staubigen Finanzamt für Körperschaften wahrscheinlich durchbekommen. Dazu hätte eine Notlüge gedient: Vereinszweck Volksbildung. Drei Stiftungen hatten sich schnell bereiterklärt, die Entwicklung zu finanzieren – und zwar, und das widerspricht dem oben Gesagten, völlig unbürokratisch und sehr kompetent beratend. Vielen Dank nochmal dafür – und Entschuldigung, dass ich ihre Zeit verschwendet habe.
Am Ende hatte ich Angst: Sind Projekte wie Kot&Köter, das VideoTrainingsBuch oder auch die Freienbibel wirklich gemeinnützig? Was, wenn das Finanzamt findet: nein? Und die Steuern zurückhaben will? Von mir persönlich? Riskante Projekte müsste ich wohl ablehnen – womit wir wieder bei der Unabhängigkeit wären.

Wie finanziert ihr Euch?
Gar nicht – Krautreporter bekommt zwar 5 Prozent Provision, aber die decken die Kosten nicht. Das wusste ich vorher und beschwere mich nicht – ich profitiere auf viele Arten und Weisen von dem Projekt, indirekt auch finanziell. Trotzdem ein Grund gegen Gemeinnützigkeit: Wenn ich eh nichts versteuere, warum soll ich so viel Wert auf Steuerfreiheit legen?

Es gibt den Vorschlag, die Gemeinnützigkeit des Journalismus gesetzlich zu verankern. Was würde das für Euch ändern?
Geld würde leichter in journalistische Projekte fließen. Die Zahl potenzieller Unterstützer würde wachsen. Stiftungen könnten umschichten und ein deutsches ProPublica finanzieren. Unterstützer könnten ihre Beiträge von der Steuer absetzen. Dieser ganze Kram.

Journalismus dient der Gesellschaft. Doch ist er gemeinnützig? Einige journalistische Projekte streben die Gemeinnützigkeit an. Daniel Drepper regt sogar eine entsprechende Gesetzesänderung an. Wir finden, darüber sollte man nachdenken. Deshalb wollen wir in einer kleinen Serie Pro und Contra Positionen zur Gemeinnützigkeit vorstellen.
In Teil 1 eines der spannendsten journalistischen Start-ups: Hostwriter. Es antworten die Gründerinnen Tabea Grzeszyk und Sandra Zistl.

Warum seid ihr gemeinnützig?
Wir sind gemeinnützig, weil wir mit hostwriter die Welt besser machen wollen! Oder bürokratischer ausgedrückt: Wir fördern mit hostwriter den Gedanken der Völkerverständigung, die Volks- und Berufsbildung und die Qualität im Auslandsjournalismus. Wie? Indem wir im Journalismus auf Kooperation statt Konkurrenz setzen. „Couchsurfing für Reporter“, titelte die taz im November 2013 – doch neben der Möglichkeit, seinen Schlafsack bei Kollegen auszurollen, geht es bei hostwriter darum, Journalisten zu finden, die zu ähnlichen Themen recherchieren. Wir glauben, dass wir mit Kooperationen im Journalismus (noch) bessere Geschichten erzählen können.

Welche Form hat Euer Projekt heute und warum?
Wir haben hostwriter als gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG) gegründet. Das erlaubt uns zum einen, Spendenbescheinigungen auszustellen und zum anderen gelten Steuervergünstigungen. Wir haben uns dabei bewusst gegen einen Verein entschieden, damit wir Aufwandsentschädigungen zahlen können – falls wir uns das irgendwann leisten können. Gegen eine GmbH sprach dagegen das hohe Startkapital, das wir nicht haben. Wir haben leider keinen Sponsor im Rücken, der uns das Geld in den Schoß wirft. Die gUG haben wir mit einem Eigenkapital von €33 pro Kopf in die Welt gesetzt.

Warum habt ihr Hostwriter nicht als kommerzielles Unternehmen gemacht?
Wir drei arbeiten als Journalistinnen, wir machen das Netzwerk letztlich auch für uns, weil wir uns mehr Kooperationen mit Kollegen wünschen. Wir lieben unseren Job und wollen unser Geld weiterhin im Journalismus verdienen; wir haben kein Interesse daran, als hauptberufliche Unternehmerinnen unseren Beruf aufzugeben. Außerdem ist es für uns wichtig, dass alle Grundfunktionen für alle Journalisten, journalistischen Blogger und Dokumentarfilmer auf der Welt kostenlos zur Verfügung stehen. Wenn es Mitgliedsbeiträge für hostwriter geben würde, würden wir damit eine Menge Kollegen ausschließen – das wollen wir nicht.

Was war die größte Hürde auf dem Weg zur Gemeinnützigkeit?
Wir drei Gründerinnen kennen uns aus dem Vorstand des Vereins journalists.network, einem gemeinnützigen Verein, der seit 18 Jahren mit Recherchereisen und Pressegesprächen den journalistischen Nachwuchs fördert. Durch diese Erfahrung wussten wir bereits über die Formalien bescheid – und nach welchen Kriterien über die Anerkennung der Gemeinnützigkeit entschieden wird. Daher sind wir glücklicherweise auf keine größeren Hürden gestoßen.

Wie finanziert ihr Euch?
Bisher finanzieren wir uns ausschließlich über Stiftungsgelder: Wir werden vom Vocer Innovation Medialab, der Hamburger Medienstiftung, StartSocial und der Rudolf-Augstein-Stiftung gefördert. Das Geld fließt zu 100% in die Entwicklung und Programmierung der Website, wir drei Gründerinnen arbeiten bislang ehrenamtlich. Wir überlegen, zusätzliche Kosten vor dem Launch der Betaversion im Mai 2014 über Crowdsourcing zu finanzieren. Langfristig müssen wir aber aus der finanziellen Zwickmühle heraus: Denn einerseits sind wir uns einig, dass die Mitgliedschaft bei hostwriter kostenlos sein und bleiben muss. Andererseits brauchen wir ein Geschäftsmodell, damit hostwriter nachhaltig Bestand hat. Vielleicht wird es irgendwann ein Freemium-Modell geben, also einen kostenlosen Basiszugang und einen Premium-Account mit Zusatzfunktionen – aber das ist erstmal alles noch Zukunftsmusik!

Macht ihr auch nicht gemeinnützige Arbeit?
Neben unserer ehrenamtlichen Tätigkeit für hostwriter arbeiten wir alle als hauptberufliche Journalistinnen.

Es gibt den Vorschlag, die Gemeinnützigkeit des Journalismus gesetzlich zu verankern. Was würde das für Euch ändern?
Das würde bei uns nichts verändern, aber natürlich würden wir eine solche Verankerung sehr begrüßen: Journalismus ist als vierte Gewalt für Demokratie und Rechtsstaat unverzichtbar. Gleichzeitig wollen Verlage mit Journalismus Profite erzielen – beides scheint in Zeiten der „Medienkrise“ immer schlechter zusammen zu passen. Massenweise Entlassungen, Lohndumping und unwürdige Arbeitsbedingungen prägen längst den Alltag vieler Journalisten. Eine gesetzliche Verankerung der Gemeinnützigkeit des Journalismus würde dagegen klarstellen, dass Journalismus eine demokratische Kernaufgabe erfüllt, die nicht allein den Gesetzen des Marktes unterworfen werden darf.